Martin Suter

Der Teufel von Mailand

Roman

Nach der Scheidung von ihrem wohlhabenden Mann Frederique, einem Banker, gerät Sonia in einen Alptraum. Erst entgeht sie knapp einem Mordanschlag durch Frederique, dann gerät ihr Leben durch einen LSD-Trip völlig aus der Bahn. Seither ist sie von Ängsten geplagt, kann Geräusche sehen, Farben fühlen, Formen schmecken.

 

Martin Suter beschreibt seine Hauptperson präzise und baut um sie herum einen Psychothriller auf, der in einer abgelegenen Schweizer Bergregion spielt. Beobachtet von den misstrauischen Dorfbewohnern passieren aus dem stillen Alltag heraus unheimliche Dinge in dem verhassten Wellness-Hotel, in dem Sonia nach ihrer Flucht als Physio-Therapeutin arbeitet.

 

Durch einen Säureanschlag, Leuchtstäbe im Thermalbad, manipulierte Kirchenglocken und einen ertränkten Vogel läuft das Szenario offensichtlich auf ein apokalyptisches Finale hinaus, verursacht durch den „Teufel von Mailand“. Dies wird in einer alten Alpensage vorhergesagt, die Sonia in der Bibliothek entdeckt.

 

Fazit: Suter ist ein schlauer Krimi gelungen, der seine Leser durch seine klare Sprache an der Geschichte fesselt, ohne dass sich die Ereignisse überschlagen.

 

Martin Fernsebner

4 Sterne
4 von 5

Sonia, eine junge Physiotherapeutin, hat schon einiges in ihrem Leben durchgemacht. Sie hat eine Scheidung hinter sich, die tiefe Spuren in ihrer Seele hinterlassen hat: Angst, Unsicherheit, Depressionen. Schnell will Sonia die Zeit mit ihrem Ex-Mann Frederic Forster vergessen, was durchaus verständlich ist, denn er hat versucht sie umzubringen und befindet sich zwar in einer geschlossenen Anstalt, ihre Ruhe aber hat sie trotzdem nicht.

 

Auch Drogen waren bei ihr im Spiel. Als Folge entwickelt Sonia ungewöhnliche Fähigkeiten: Sie kann plötzlich Geräusche sehen, Farben fühlen, Formen schmecken und Wörter und Zahlen haben bei ihr Farben. Unglaublich, wer besitzt schon das Privileg Bergamottenduft zu fühlen und Glockenklänge betrachten zu können? Sie ist wohl eine Synästhetikerin. Das sind Menschen, bei denen sich die Wahrnehmungen verknüpfen und Geräusche Farben oder Formen bekommen und Berührungen duften oder schmecken. Es gibt für Sonia nichts Besseres als wegzugehen aus dieser Stadt, alles zu vergessen und einfach etwas Neues anzufangen.

 

Sie findet bald eine Stelle als Physiotherapeutin in einem Wellness-Hotel, das abgelegen in einem Alpendorf liegt. Das passt zu ihrer Situation. Keiner soll wissen, wo sie sich versteckt. Nur mit ihrer Freundin Malu kommuniziert sie per SMS. Neue Kollegen und die junge Chefin des Hotels sind nett und freundlich.

 

Aber das Ganze ist nur eine Täuschung. Es passieren seltsame Dinge in diesem einsamen Hotel. Jemand gießt Säure in einen Blumentopf, jemand versenkt Leuchtstäbe in einem Thermalbad, jemand lässt um fünf Uhr früh die Kirchenglocke zwölf schlagen und jemand ertränkt Sonias Vogel in einem Aquarium. Das Ganze geschieht nach einem Szenarium wie in einer alten Alpensage, auf die Sonia in der Hotel-Bibliothek zufällig stößt. Laut dieser Sage schließt eine junge Hirtin einen Pakt mit dem Teufel von Mailand, an den sie dann ihre Seele verkauft. Aber wer ist nun heute und hier in diesem abgelegenen Dorf der Teufel? Wer treibt mit ihr dieses grausame Spiel?

 

Natürlich erfährt der Leser zum Schluss die ganze Geschichte und alle Wer und Warum werden gelöst. Nur Geduld muss er haben und das Besondere von Martin Suter erkennen: Seine Neigung zu Ungewöhnlichem und zur klassischen Darstellung des Geschehens. Angesprochen wird der Leser von seinem interessanten Thema und seiner guten Sprache. Das Buch ist aber nicht so fesselnd und spannend wie seine vorherigen ausgezeichneten Romane: Lila, Lila, Ein perfekter Freund oder Die dunkle Seite des Mondes.

 

Der Teufel von Mailand lässt sich zwar locker lesen und hat einen spirituellen Touch, die Handlung aber ist sehr gelassen, lasch und vorhersehbar, verläuft in einem ruhigen Tempo, was dem Roman die Spannung nimmt. Es gibt keine großartige Ereignisse, keine Überraschungen und Höhepunkte. Von viel alltäglichem Zeug wird geschrieben, was man eigentlich gerade bei Martin Suter für überflüssig hält. Nur zum Schluss wird der Leser belohnt, aber dann hat er schon fast 280 Seiten gelesen.

 

Fazit: Das Buch ist eine Mischung aus Thriller und Psychodrama, ohne eines von beiden wirklich zu sein. Wenn man ein großer Fan von Martin Suter ist, erwartet man vielleicht zu viel und wird auch schnell enttäuscht von diesem sonst hervorragenden Erzähler.

 

Ludmila Hück

3 Sterne
3 von 5

© 2006/2008 Martin Fernsebner, Ludmila Hück, Harald Kloth