Ein Science-Fiction-Meisterwerk im Heimkino
Der 1982 erschienene Science Fiction-Film »Blade Runner« gilt als einer der besten und einflussreichsten Science Fiction-Filme überhaupt. Die Literaturverfilmung nach dem Roman »Träumen Roboter von elektrischen Schafen?/Do Androids Dream of Electric Sheep?«, veröffentlicht 1968 von Philip K. Dick war bei Erscheinen wenig erfolgreich. Doch im Laufe der Jahre wuchs eine Fangemeinde um diesen zutiefst pessimistischen Film, der eine Welt am Rande des Kollaps zeigt. Heute gilt er als Meisterwerk des utopisch-phantastischen Kinos.
Zahlreiche Referenzen in der Medien- und Pop-Kultur beweisen seinen Einfluss bis heute [1]. Stilbildende Science Fiction-Filme wie »Matrix« (1999) oder einflußreiche Animes wie »Ghost in the Shell« (2017) oder »Akira« (1988) weisen in ihrer Bildsprache einen starken Einfluß des Science-Fiction-Klassikers auf. In der Filmdatenbank IMDb rangiert »Blade Runner« mit einem Wert von über 8 verdient unter den 250 besten Filme aller Zeiten. [4]
Der englische Regisseur Ridley Scott (»Alien«, »Gladiator«) schuf eine glaubhaft wirkende Dystopie, die ästhetisch in ihrer Bildsprache Anfang der 80er Jahre außergewöhnlich war. Los Angeles ist im zukünftigen Jahr 2019 ein Stadtmoloch ohne Sonnenlicht. Lediglich riesige Leuchtreklamen erhellen die von ständigem Regen durchnässte Stadtmetropole. Die lauten Straßen sind überfüllt von Fahrzeugen und Menschen unterschiedlichster Ethnien. Am Himmel bewegen sich fliegende Polizeifahrzeuge (die Spinner) oder für Auswanderung in Weltraumkolonien werbende gigantische Luftfahrzeuge.
In »Blade Runner« werden aber auch philosophische Fragen nach dem Menschsein aufgeworfen. Ist Protagonist Rick Deckard (Harrison Ford) ein Mensch oder Replikant? Ein Hinweis könnten vielleicht Deckards rote Augen sein, die auch bei anderen künstlichen Wesen zu sehen sind. Oder das Origami-Einhorn von Gaff (Edward James Olmos). Ist dies ein Hinweis auf Deckards Einhorn-Traum? Hauptdarsteller Harrison Ford spielt Deckard unterkühlt und so bietet diese Figur wenig Raum zur Identifikation. Antagonist Roy Batty (Rutger Hauer) liefert dagegen eine fantastische Schauspielleistung, vielleicht die beste seiner Karriere. Gerade in der berühmten Schlussequenz mit ihren wenigen Sätzen steckt so viel Atmosphäre, wie sie selten je wieder in einem Science Fiction-Film erreicht wurde. Wer aber von »Blade Runner« einen Actionfilm nach heutigen Maßstäben erwartet, wird zwangsläufig enttäuscht werden. Denn dieser Film ist vielmehr ein vielschichtiger und visueller Traum, der sich dem aufmerksamen Betrachter nur langsam oder nach mehrmaligen Betrachten vollends erschließt.
Obwohl ihm zur Zeit seines Erscheinens im Kino kein kommerzieller Erfolg gegönnt war, wurde er im Laufe der Jahre auf Videocassette und Laserdisc ein Kassenschlager und schließlich auch zu einem Kultfilm. Der Trend von Filmen sogenannte Director´s Cut zu vermarkten, kam mit »Blade Runner« stark in Mode. Nachfolgend der Versuch, die vielen unterschiedlichen Schnittfassungen näher zu beleuchten.
Der Final Cut ist die Wunschversion von Regisseur Ridley Scott. Im Vergleich zum Director´s Cut beinhaltet sie etwas mehr an Gewaltszenen und eine minimal erweiterte Einhorn-Sequenz. Der Off-Kommentar von Deckard und das Happy End fehlen. Auf Blu-ray Disc ist es die bild- und tontechnisch bisher beste Fassung für das Heimkino.
Die als Director´s Cut vermarktete Fassung wurde ironischerweise ohne Regisseur Ridley Scott angefertigt und beruht auf der Arbeitsfassung von 1982. Im Vergleich zu früheren Kinoversionen fehlt der Off-Kommentar von Deckard und das Happy End. Eingefügt wurde die Einhorn-Sequenz.
Die Internationale Kinoversion ist in den Gewaltszenen ungekürzt. Sie enthält den einleitenden Off-Kommentar von Deckard und das Happy End. Die Einhorn-Sequenz fehlt.
Für den us-amerikanischen Markt wurden im Vergleich zur Arbeitsfassung einige Gewaltspitzen entfernt. Die Version enthält ein Happy End (recycelte, nie verwendete Szenen aus Stanley Kubrick´s »Shining«) und einen Off-Kommentar.
Die Previewfassung zeigte ein offenes Ende (in der Stadt) ohne Happy End und den Shining-Szenen. Auch der Off-Kommentar fehlte. Das US-Testpublikum reagierte negativ. [3]
Außergewöhnlich wie der Film ist auch die Anzahl an Editionen und Veröffentlichungen. Deshalb nachfolgend der Versuch einer übersichtlichen Darstellung mit deutscher Tonspur.
Von besonderer Bedeutung ist die Dokumentation »Dangerous Days« (214 Minuten) mit bisher unveröffentlichten Szenen, Dreharbeiten und Interviews mit den Beteiligten, deswegen ist diese in der Spalte Bemerkungen besonders erwähnt.
Empfehlenswert für Filmliebhaber, die »Blade Runner« schon kennen, ist die 30th Anniversary Collector´s Edition. Sie enthält alle Fassungen in hervorragender Qualität in einer schönen Geschenkbox. Alle anderen können beruhigt zur Final Cut Blu-ray greifen, die es preisgünstig gibt.
[1] Erstaunlich: Zum Kinostart der Fortsetzung »Blade Runner 2049« verfasste die Polizei Oberpfalz einen Facebook-Post.
Blade Runner 2049 - Viel Spaß beim Filmstart! https://www.facebook.com/polizeioberpfalz/photos/a.1806727199566176.1073741828.1778447615727468/1941834426055452/?type=3&theater➚ 05.10.2017. Abgerufen am 06.10.2017.
Zum deutschen Kinostart am 15. Oktober 1982 bewarb man die Zukunftsvision auch mit dem, heute bizarr anmutenden, Titel "Aufstand der Anti-Menschen". [2]
[4] IMDb: Der Blade Runner (1982) http://www.imdb.com/title/tt0083658/➚ abgerufen am 06.10.2017.