Donna Leon

Mein Venedig

Geschichten

Zürich ; Diogenes ; 2007 ; 71 Seiten ; ISBN 978-3-257-23623-1


Donna Leon liebt Venedig, ihre Wahlheimat, zumindest hat sie eine ganz besondere Beziehung zu La Serenissima! In jedem ihrer Sätze, Geschichten oder Anekdoten ist eine winzig kleine Liebeserklärung zu erahnen. Doch scheint sich dieses Verhältnis mehr und mehr zu einer eigenartigen Hassliebe zu entwickeln, beschreibt sie ihre Stadt, ihre Nachbarn oder die Venezianer, die sie nicht zu ihrem Bekannten- oder Freundeskreis zählen darf immer etwas abwertend, gnadenlos und meist sogar zynisch. Aber das sind wir ja bei ihr schon gewohnt und nehmen es ihr deshalb auch nicht allzu krumm. Und wenn man es genauer betrachtet hält sie auch meist nur der männlichen Spezies den berüchtigten Spiegel vor die Nase.

 

Sie skizziert in allen Sequenzen alles und jede(n) voller Zärtlichkeit, Einfühlungsvermögen und einer wunderbaren Prise Poesie; und doch ist in allen Miniaturen immer wieder die Liebe zu Italien und den Menschen dieses wunderbaren Landes heraus zu hören!

 

Und doch findet sich ein großer Wehrmutstropfen in diesem 69seitigen Bändchen: alle zwölf Anekdoten, Geschichten und Miniaturen wurden bereits in ihren drei Nicht-Brunetti-Büchern (Latin Lover, Über Venedig, Musik, Menschen und Bücher, Eine Amerikanerin in Venedig) bzw. im gleichnamigen Hörbuch publiziert, teilweise sogar doppelt. Mit diesem Aufguss wird man leider um ein neues Lese-Erlebnis gebracht und kommt sich schon leicht verschaukelt vor. Warum soll ich Geld ausgeben, für bereits bekanntes. Es verwundert, dass der ansonsten so wunderbare Diogenes-Verlag einfach alte Geschichten recycelt in denen sich Donna Leon auch noch als typische Amerikanerin entpuppt. Die Entfremdung zwischen alter (Europa) und neuer (Amerika) Welt wird hier ganz besonders deutlich. Am Ende fragt man sich allen Ernstes: warum lebt sie eigentlich in einer Stadt, die sie so sehr hasst?

 

Fazit: Fader Aufguss von recycelten Miniaturen ohne Witz und Esprit.

 

Wolfgang Gonsch

2 Sterne
2 von 5

© 2007 Wolfgang Gonsch, Harald Kloth

Donna Leon

Mein Venedig

Geschichten

Hörbuch, 1 CD, gelesen von Hannelore Hoger

Zürich ; Diogenes ; 2005 ; 1 CD ; ISBN 3-257-80002-9


In diesem 76minütigen Hörbuch outet sich Donna Leon zum wiederholten Male als Liebhaberin: Sie liebt ihre Wahlheimat Venedig - La Serenissima! Doch hat es den Anschein dass sich diese Beziehung zu einer wie auch immer gearteten Hassliebe entwickelt; beschreibt sie ihre Nachbarn, Mitmenschen und "ihre" Stadt mit all ihren Problemen geradezu gnadenlos, teils sehr abwertend und immer mit einem gehörigen Schuss Zynismus. Ihre sarkastischen Seitenhiebe auf Italien und die italienische Bevölkerung (merkwürdigerweise immer nur auf den männlichen Teil!) sind ja sowieso bereits so gut wie Kult und dürfen daher auch in diesem Hörbuch nicht fehlen.

 

Doch zwischen den einzelnen Sätzen hört man sie immer wieder heraus: die Liebeserklärungen an Italien und ihre Mitmenschen; Donna Leon skizziert in diesen ausgesuchten Sequenzen alles und jeden mit einem Hauch von Zärtlichkeit, voller Einfühlungsvermögen und Poesie.

 

Schade nur, dass diese elf Miniaturen bereits in ihren drei Nicht-Brunetti-Romanen publiziert wurden, einige sogar schon doppelt. Auf diese Weise wird man leider um eine ganz neues Hörerlebnis gebracht, denn Hannelore Hoger zuzuhören ist ein wirkliches Erlebnis, so getragen und bestimmt zelebriert die Schauspielerin diese Texte.

 

Fazit: Eine tolle Stimme in wunderbaren Miniaturen - aber leider nichts neues!

 

Wolfgang Gonsch

3/4 Sterne
3/4 von 5

© 2005 Wolfgang Gonsch, Harald Kloth