Oliver Hilmes

Witwe im Wahn

Das Leben der Alma Mahler-Werfel

Der Historiker, Übersetzer und Autor Oliver Hilmes präseniert in diesem Buch das beeindruckendes Porträt einer Persönlichkeit voller Widersprüche, einer Frau, die außergewöhnlich und gleichzeitig umstritten war. Denn sie begeisterte und verzückte wohl die bekanntesten Männer ihrer Zeit durch ihren Freiheitssinn, ihre Klugheit, Schönheit und Lebenslust. Gustav Mahler und Franz Werfel liebten sie, Gustav Klimt und Oskar Kokoschka waren in sie verliebt und viele andere waren von ihr fasziniert. Aber sie war auch eine schlechte Mutter und wegen ihrer kalten Menschenverachtung, ihren kaum verhüllten Antisemitismus und Egoismus wurde sie auch gehasst, verurteilt und abgelehnt. Für die einen war sie eine Muse, für die andere eine Kloake.

 

Oliver Hilmes schildert in chronologischen Zügen ihre Lebensgeschichte von der Kindheit bis zu ihrem Tod. Mit 32 Jahren wird sie Witwe, ist jung, schön und reich. Es beginnt ein neues Leben für sie, das Leben einer Witwe im Wahn. Denn sie möchte nun nichts in ihrem Leben versäumen, sich mit reichen, interessanten und künstlerisch begabten Männern schmücken und das Leben in vollen Zügen genießen.

 

Die Biografie beruht auf Almas lange verloren geglaubten Tagebüchern, Briefen, Postkarten und Fotos, die einen neuen Blick auf sie gestatten und eine wahre Geschichte ihres aufregenden Lebens darstellen lassen.

 

Dem Leser offenbaren sich interessante Geschichten und Details aus dem Leben ihrer prominenten Ehemänner, Liebhaber und Freunde. Unter ihnen sind berühmte Dichter, Maler und Musiker wie Gustav Klimt, Oskar Kokoschka, Lion Feuchtwanger, Wassily Kandinsky, Erich Maria Remarque, Richard Strauss, Paul von Zsolnay und andere.

 

Alma schrieb sich bereits als Teenager von der Seele, was sie erlebt, gedacht, gesagt, gefühlt, geträumt und gewünscht hatte, was um sie herum, was mit ihr und vor allem in ihr geschah. Die Ehrlichkeit und die Offenheit ihrer Tagebücher verblüffen einen, doch wenn auch wir rückhaltlos und unbefangen schreiben würden, was wir wirklich denken und fühlen, wie würden wir da stehen, was würden wir offenbaren? Aus welchen dunklen Ecken unserer Seele käme dann die Wahrheit, die Wahrheit über uns selbst ans Licht? Ja, gerade die geheimsten Gedanken und Empfindungen vertraut man dem Tagebuch an, sonst ist seine Führung sinnlos.

 

Dem Autor gelingt in seinem Buch einen schlichen, fast unterkühlten und intelligenten Ton zum Ausdruck zu bringen, welcher durch emotionale, gefühlsstarke, teilweise hysterische Ausbrüche in Auszügen aus den Tagebüchern von Alma verschärft wird, und somit der Biografie Spannung und Gehaltreichtum verleiht und dem Leser sichtliches Vergnügen bereitet. Sehr empfehlenswert!

 

Fazit: Eine sehr interessante, spannende, schonungslose und ausführliche Biografie über Alma Maria Mahler-Werfel.

 

Ludmila Hück

5 Sterne
5 von 5

© 2006 Ludmila Hück, Harald Kloth