„Überraschend war, dass alle befragten Überlebenden Obertraubling als das schlimmste Lager, in dem sie waren, bezeichneten ...“
Zehn Kilometer von der wunderschönen Weltkulturerbestadt Regensburg entfernt, liegt das kleine Städtchen Neutraubling. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden, lag dort zuvor der Fliegerhorst Obertraubling. Nicht vielen Menschen ist bewußt, daß sich dort zwischen Februar und April 1945 ein Außenlager des Konzentrationslagers Flossenbürg befand. Hunderte von Häftlingen mussten dort unter unwürdigen Bedingungen arbeiten, nicht selten starben sie an den Haftbedingungen oder wurden ermordet.
„Damit sich die Geschichte nicht wiederholt ...“
15 Schülerinnen und Schüler des Projekt-Seminars Geschichte am Gymnasium Neutraubling versuchten sich mit der Lehrerin Heike Wolter an der Aufarbeitung dieses wichtigen, wie verstörenden und schrecklichen Themas - das noch immer mit Tabus belegt ist. Aus einem Schulprojekt entstand dankbarerweise ein 73seitiges Buch - nicht um anzuklagen, sondern um sachlich zu informieren und um der dunklen Vergangheit verantwortungsbewusst zu begegnen.
Die Autorin beschreibt zuerst, wie sie eher zufällig auf vereinzelte Informationen zu einem Außenlager in Obertraubling gestoßen ist. Eine Häftlingsliste der Gedenkstätte Floßenbürg führte zunächst nicht weiter - denn viele Überlebenden hatten nach dem Zweiten Weltkrieg ihre Namen geändert.
Zwei Seiten beschreiben je die Gründung und Befreiung des Konzentrationslagers Flossenbürg (1938 bis 1945) und der Außenlager in und um Regensburg (Plattling, Saal an der Donau, Regensburg-Stadtamhof, Obertraubling, Firma Messerschmidt). 11 Seiten widmen sich dann dem Fliegerhorst Obertraubling, der Entstehung und dem Aufbau des Außenlagers Obertraubling, den Häftlingen und ihren Lebensbedingungen, Arbeit und Tagesablauf bis hin zum Todesmarsch von Obertraubling nach Dachau.
Sehr interessant sind die über 30 Fotos im Kapitel Historische Bilddokumente.
15 Seiten beschäftigen sich mit dem Thema Umgang mit der Vergangenheit. Thematisiert werden die Nürnberger Prozesse, Obertraubling zwischen 1933 bis 2011, Einzug der Nachkriegsgesellschaft in Neutraubling, die Nachnutzung des Lagergeländes in Neutraubling, bishin zum Kapitel über die Aufarbeitung und Auseinandersetzung mit dem Außenlager in Medien, Wissenschaft und Politik.
Abschließend reflektiert die Autorin Motivation und Ergebnisse der Projektarbeit, die zu diesem Buch führten. Als positives Resümee des Projekts sieht sie vor allem das Zusammenbringen unterschiedlicher Generationen (die sich füreinander interessieren) und die Erweiterung des persönlichen Erfahrungsschatzes.
Die Interviews mit den noch lebenden Zeitzeugen stellen ein einzigartiges Zeitdokument dar.
Im Herbst 2011 wurde das Buch mit großem Erfolg durch eine Präsentation und Ausstellung in der Bücherei Obertraubling bzw. im Museum der Stadt Neutraubling vorgestellt.
Fazit: Ein wichtiges Buch gegen das Vergessen.
Harald Kloth
© 2011 Harald Kloth