Dagmar Isabell Schmidbauer

Und dann kam das Wasser

Ein Passauer Hochwasser-Krimi

12,89 Meter! Diese Zahl hat sich bei allen Passauern ins Gedächtnis eingebrannt. Das war der Höchststand beim sogenannten Jahrtausend-Hochwasser, das Anfang Juni über Passau und viele andere Gemeinden und Städte hereinbrach. Wohnungen, Werkstätten, Läden und Vereinsheime wurden Opfer der reißenden Donau und des mit brachialer Gewalt daher schießenden Inns. Die Wasser des schlammigen Inns, der reißenden Donau und der moorigen, von den beiden großen Flüssen zurückgestauten Ilz, fraßen sich teilweise bis in den zweiten Stock der Häuser und Wohnungen, zerstörten Existenzen, raubten den Bewohnern ihr Hab und Gut und brachten das öffentliche Leben zum Erliegen.

 

Während sich ganz Passau in einer Stimmung aus Panik, Hoffnung, Bangen, Existenzangst und Schock-Starre befindet, entdecken Rettungskräfte in einem alten Haus im „Örtl“ eine Leiche. Der Tote ist jedoch keineswegs ein Opfer der Hochwasser-Katastrophe, sondern eines grausamen Verbrechens geworden.

 

Und noch während sich das Passauer Ermittler-Duo Steinbacher/Hollermann an die unter diesen widrigen Umständen noch schwierigeren Ermittlungen macht, stürzt eine junge, unbekannte Frau aus dem obersten Stockwerk des Stadtturms und stirbt. Zwei unbekannte Tote in zwei Tagen ...

 

Da liegt er nun vor uns: der top-aktuelle, dritte Passau-Krimi von Dagmar Schmidbauer – und das im Abstand von nur zwei Jahren. Doch wenn sie glauben, dass die Autorin die Katastrophe nur ausnutzen wollte, um schnell den ersten Roman auf den Markt zu bringen, der während dieser epochalen Katastrophe spielt, dann irren sie sich gewaltig! Sie setzt die Katastrophe ganz gezielt in den Kontext zum Kriminalfall, behutsam, einfallsreich und mit viel Gefühl für die jeweilige Situation.

 

Dagmar Schmidbauer schafft es scheinbar spielerisch und mit einer gewissen Leichtigkeit, die chronologischen Abläufe der Hochwasser-Realität mit den fiktiven Geschehnissen des Kriminalfalles zu verschmelzen und schafft hier somit eine ganz besondere, eindringliche Atmosphäre. Der Plot erscheint zudem noch komplexer als die beiden Vorgänger (Marionette des Teufels und Der tote vom Oberhaus), spielt er doch vor der an sich schon alleine spannungsgeladenen Kulisse des Jahrhundert-Hochwassers; die Bilder vom Juni 2013 werden wieder lebendig und erzeugen zusammen mit dem spannenden Fall nicht nur bei Passauern Gänsehaut-Feeling! So ganz nebenbei setzt Dagmar Isabell Schmidbauer mit diesem Roman allen Helferinnen und Helfern ein literarisches Denkmal.

 

Diesen tollen Krimi jedoch auf das Hochwasser zu reduzieren, verdient dieser gut gemachte Plot aber keineswegs! Verschiedenartig angelegte Erzählstränge, der jeder für sich in einem eigenen Spannungsbogen auf das furiose Finale zuläuft, gepaart mit der für die Autorin typischen, herzerwärmenden, erfrischenden und auch überraschenden erotischen Szenen, die sie wie immer liebevoll und mit viel Gefühl für die Situation einbaut. Dass bei einem regionalen Krimi auf die Eigenheiten einer Stadt und ihrer Bewohner leicht überspitzt, aber immer liebevoll eingegangen wird, versteht sich bei der Autorin von selbst und auch die vielen kleinen Anekdoten und „G´schichterl“ bereichern das Ganze. Die mit viel Gefühl beschriebenen Protagonisten sind menschlich, entwickeln sich weiter und ein jeder einzelne von ihnen wächst einem ans Herz. Dass man in diesem Krimi den Täter oder die Täter bereits relativ früh erahnen kann, ist von Dagmar Schmidbauer durchaus beabsichtigt, denn die Ermittlungen sind in „Columbo“-Manier aufgebaut und der Plot erzielt auch durch diesen literarischen Kunstgriff seine zusätzliche Spannung.

 

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Fazit: Eine prickelnde Mischung aus Spannung, Erotik und in diesem ganz speziellen Fall auch topaktueller Realität – ganz großes Kino!

 

Wolfgang Gonsch

5 Sterne
5 von 5

© 2013 Wolfgang Gonsch, Harald Kloth