Daniel Kehlmann

Die Vermessung der Welt

Roman

Ein fantastisches Buch ist dem jungen deutschen Autor Daniel Kehlmann gelungen. Nach Ich und Kaminski hat der Leser das Vergnügen, seinen neuen Geschichtsroman zu lesen, zu bewundern und zu genießen. Die Geschichte zweier deutscher Genies des 19. Jahrhunderts, Carl Gauß und Alexander von Humboldt, steht zum ersten Mal vor Joanne K. Rowlings Harry Potter und damit ganz oben auf der Beststellerliste. Respekt.

 

Der Autor schildert die Abenteuer zweier Männer einer wirklich spannenden Epoche. Carl Gauß war Mathematiker, Physiker und Astronom, Alexander von Humboldt - Naturwissenschaftler, Biologe und Geograph. Zwei verschiedene Welten, zwei unterschiedliche Charaktere und zwei überragende Wissenschaftler, die unterschiedlicher wohl nicht sein könnten, und die ein großes Ziel haben: Die Vermessung der Welt.

 

Der eine, Alexander von Humboldt, kommt aus einer wohlhabenden, vornehmen Familie, hat berühmte Eltern und genießt die beste Ausbildung. Er kämpft sich durch Urwald und Steppe, spricht mit Papageien, sammelt tausende Pflanzen und hunderte Tiere, kostet Gifte, zählt Kopfläuse, vermisst jeden Fluss, Berg und See auf seinem Weg und besteigt Vulkane. Chronometer, Hygrometer und Thermometer sind seine Begleiter.

 

Der andere, der Mathematiker, Physiker und Astronom Carl Gauß stammt aus groben, armen Verhältnissen, sein Benehmen lässt zu wünschen übrig und nur dank seiner ungewöhnlichen mathematischen Begabung und der Hilfe seines Lehrers absolviert er das Studium. Für Gauß existiert die Welt nur in seinem Kopf und zwar in Zahlen und Formeln. Auch kann er sein Leben ohne Frauen nicht verbringen, und sogar in der Hochzeitsnacht springt er aus dem Bett, um eine Formel zu notieren.

 

Nur einmal in ihrem Leben treffen sich die beiden Koryphäen, als sie alt und berühmt sind, um 1828 in Berlin am Deutschen Naturforscherkongress teilzunehmen. Das soll eigentlich der Höhepunkt des Buches sein. Aber der Autor schildert ihr Leben und ihren Werdegang so spannend und so interessant, dass diese Schilderung zum Höhepunkt des Romans wird. Denn Daniel Kehlmann führt den Leser in die Gedankenwelt der beiden Männer. Natürlich weiß man nicht, was sie nun wirklich dachten, ob sie dies oder jenes auch tatsächlich sagten und taten. Aber diese Mischung aus Tatsachen und Ausgedachtem ist im Buch so wunderbar verflochten, dass der Leser sie bedingungslos annimmt, was für Kehlmanns hervorragende Erzählkunst spricht.

 

Die Sprache des Romans ist witzig und humorvoll, aber auch präzise und intelligent. Der Schriftsteller hat viel recherchiert und der Leser erfährt wie nebenbei einiges nicht nur über diese zwei Berühmtheiten, sondern auch über die historische und wissenschaftliche Begebenheiten. Das alles geschieht auf eine leichte, unbefangene und faszinierende Weise, spannend, geistreich und klug erzählt.

 

Fazit: Ein tolles Buch, bei dem der Leser mit Begeisterung lächeln, stirnrunzeln, seufzen und vor allem staunen wird.

 

Ludmila Hück

5 Sterne
5 von 5

© 2006 Ludmila Hück, Harald Kloth