William Somerset Maugham

Oben in der Villa

Roman

Zürich ; Diogenes ; 1975 ; 105 Seiten ; ISBN: 978-3-257-20166-6

 

Man braucht wohl nicht zu erwähnen, dass Maugham ein wahrer Geschichtenerzähler ist, dessen Hauptthema Liebe ist. Seine Erzählungen bereiten dem Leser eine innere Freude und ein einzigartiges Vergnügen. Weil sie klassisch schön sind, mit Einführung, Höhepunkt und Schluss; sie sind aus dem Alltag gegriffen, haben einen moralischen Hintergrund und sorgen immer für Spannung. Die Charaktere in Maughams Büchern werden vom Autoren gekonnt durch die Handlung geführt.

 

Maugham schreibt elegant und geistreich. Ihm gelingt mit einer humorvollen, teils konservativen Sprache eine einzigartige Atmosphäre aus dem Leben der Intellektuellen seiner Zeit einzufangen.

 

"Oben in der Villa" von William Somerset Maugham erzählt die Geschichte einer Frau, die in der schönen Landschaft der Toskana ein paar erholsame und ruhige Wochen in einer Villa mit Blick auf Florenz verbringt. Diese Erholung braucht Mary ganz dringend nach dem tragischen Tod ihres Gatten ein Jahr zuvor. Und der Ort bietet ihren gequälten Nerven die ersehnte Rast.

 

Mary hat ihren Mann sehr geliebt, obwohl er ein hoffnungsloser Alkoholiker war, fremd ging und sie demütigte. Schließlich war er so zerrüttet, dass man ihm nicht mehr helfen konnte. Also erfuhr Mary durch diese Liebe nichts als Erniedrigung und Enttäuschung.

 

Nun ist sie Witwe, dreißig Jahre alt und eine bildschöne Frau. Sie will dem Rat ihres Anwaltes folgen und das nächste mal nicht mehr aus Liebe heiraten, das sei ein Fehler, sondern für sie seien Kameradschaft und gesellschaftliche Stellung wichtiger. Ein passender Kandidat ist schon da: Der gut aussehende ältere Kronjurist Sir Edgar Swift, der eine glanzvolle Laufbahn als hervorragender Verwaltungsbeamter in Indien gemacht hat und nun als Gouverneur von Bengalen berufen werden soll. Er kennt Marys Familie gut, hat sie schon als Kind kennen gelernt und als sie fünfzehn Jahre alt war, sich in die verliebt.

 

Edgar begehrt Mary seit Jahren, macht ihr nun einen Heiratsantrag und sie soll mit ihm in das ferne Land verreisen. Natürlich ist Edgar ein guter Marys Freund und er ist ihr sehr sympathisch, aber sie liebt ihn nicht. Mary hat drei Tage Zeit, um sich zu entscheiden. Und in dieser Zeit passiert einiges, das ihr Leben, ihre Vorstellungen und ihre Wünsche völlig verändert.

 

Da ist ein gewisser Rowley Flint, der den Ruf eines Schürzenjägers und eines elenden Taugenichts hat. Er ist skrupellos, unzuverlässig und leichtsinnig. Und Rowley macht Mary bei einem Abendessen den Hof. Hier taucht auch ein armer schöner Jüngling auf, ein Flüchtling aus Österreich, der mittellos ist und seinen Unterhalt durch schlechtes Geigenspiel verdient. Er begeht später in Marys Schlafzimmer mit ihrer Pistole Selbstmord. Warum?

 

Fazit: Der Leser trifft in diesem Roman auf einen ganz anderen Maugham, der ihn mit seinem kriminalistischen Liebesabenteuer überrascht und heute, über hundert Jahre nach Erscheinen seines ersten Romans, mit herrlich aktuellen Sachen verblüfft. Schön zu lesen.

 

Ludmila Hück

4 Sterne
4 von 5

© 2006 Ludmila Hück, Harald Kloth