Muriel Spark

Das Mandelbaumtor

Roman

Zürich : Diogenes-Verlag, 2004. - ISBN 3-257-21466-9

Es vergeht kaum ein Tag, an dem wir nicht mit Meldungen über gewalttätige Auseinandersetzungen im Nahen Osten konfrontiert werden. Viele Historiker, Religionswissenschaftler und Schriftsteller versuchen den Ursachen dieses Konfliktes auf dem Grund zu gehen.


Wie ist es heute mit dem Glauben? Haben nicht alle Religionen etwas gemeinsam? Muss der Glaube vor den Wissenschaftlern kapitulieren oder gibt es umgekehrt Beweise für die Existenz Gottes? Wie steht nun der Westen zu religiösen Traditionen seiner Zeitgenossen im Nahen Osten?

Auf diese und anderen Fragen versucht auch die Schriftstellerin Muriel Spark eine eigene Antwort, eine eigene Philosophie zu finden in ihrem Buch Das Mandelbaumtor.


Es ist im Prinzip die Geschichte einer Engländerin, die das Heilige Land bereist und auch in Jerusalem unterwegs ist.


Barbara Vaughan ist Englischlehrerin an einer Mädchenschule. Der erste Eindruck von ihr, sie sei eine nette englische Jungfer, schwindet bald. Zum Vorschein kommt eine selbstbewusste, intelligente und vorurteilsfrei denkende Frau, die auch mal unsicher und leicht reizbar sein kann. So traut sie sich, ihren Gedanken gegenüber dem sympathischen Diplomaten Freddy Hamilton freien Lauf zu lassen.


Ja, Barbara ist Halbjüdin mütterlicherseits. Und nach jüdischem Gesetz gibt die Mutter das Erbe weiter. Also ist sie für Israelis eindeutig eine Volljüdin. Außerdem ist Jude sein keine Sache, über die man nachdenkt, "Jude sein - das liegt im Blut". Diese ist die große Frage für Barbara Vaughan. Wer ist sie? Als was identifiziert sich eine zum Katholizismus konvertierte Halbjüdin, die einen verheirateten Mann liebt. Er kann, wie bekannt, nach katholischem Recht nicht geschieden werden. Damit gerät sie in eine Zwickmühle.


Auf dieser Reise, die dann teilweise zu einem gefährlichen Abenteuer wird, lernt sie das Land und die Leute kennen. Und es wird eine Reise zu sich selbst, zu ihren eigenen Wurzeln und zu dem modernen Leben in Israel.


Fazit: Muriel Spark schildert in ihrem Roman zahlreiche Szenen aus dem Leben der Moslems und Christen in Jerusalem mit lebendiger, gut gewählter, intelligenter Sprache. Ihre Begeisterung und ihr kreatives Erzählen machen das Lesen zu einem Vergnügen, lassen aber gleichzeitig erkennen, wie nahe uns diese Probleme eigentlich stehen.


Ludmila Hück

3 Sterne
3 von 5

© 2005 Ludmila Hück, Harald Kloth