Martin Suter

Der letzte Weynfeldt

Roman

Kein wirklich neues Thema, das sich Martin Suter für seinen jüngesten Roman ausgewählt hat: Betagter Herr verliebt sich in junge Frau, lässt sich den Kopf verdrehen und sich selbst wieder zum Leben erwecken.


Adrian Weynfeldt, der letzte Spross einer wohlhabenden Familie und von Beruf - denn er arbeitet, weil es ihm Spass macht - Kunstexperte, lernt die junge Lorena kennen. Rein äußerlich erinnert sie ihn an eine frühere unglückliche Liebe und obwohl Adrian weiß, dass sie ihn nur ausnimmt, macht es ihm Freude, ihr finanziell unter die Arme greifen zu können, sich einfach nur mit ihr zu treffen oder sie, wenig später, schließlich auch ins Bett zu bekommen.


Als sich Lorena zusammen mit einem Betrüger an einen größeren Coup wagt, bei dem es um die Versteigerung eines mehrere Millionen wertvollen Vallotton-Bildes geht, um jenes nämlich, das auf dem Cover des Buches abgebildet ist, erweist sich Adrian letztlich raffinierter, als alle gedacht hatten und schützt sich selbst davor, aus Liebe eine große Dummheit zu begehen. Denn das ist Adrian voll und ganz: ein durch und durch korrekter Mensch mit gepflogenen, antiquierten Sitten, ein Gentleman der alten Schule und damit für Lorena eine ganz neue Herausforderung in Sachen Liebe.


Auch wenn die Handlung nicht gerade spektakulär ist, was man von Suter auch schon ganz anders kennt - man denke an Small World oder Die dunkle Seite des Mondes - handelt es sich um einen souverän gebauten und dank Suters präziser und detailgetreuer Sprache sehr lebendigen und damit flüssig lesbaren Roman.


Fazit: Für Suter-Fans verspricht dieser Roman eine lange Nacht und schlichtweg großen Lesespass.


Christa Roßmann

4 Sterne
4 von 5

Martin Suter ist als Schriftsteller, Kolumnist und Drehbuchautor bekannt. Auch auf der internationalen Bühne feiert er große Erfolge. Der Autor hat ein neues Buch geschrieben und seine Leserschaft wieder mal überrascht.


Es gibt im neuen Roman, wie oft bei Suter, nicht viele Personen. Die Hauptfigur ist Adrien Weynfeld, ein in der Kunstwelt geschätzter Experte beim Auktionshaus „Murphys“. Er ist Mitte fünfzig, ledig und hat eine schicke Wohnung im Stadtzentrum von Zürich. Seine Herkunft ist großbürgerlich und er hat ein reiches Erbe. Eigentlich braucht er überhaupt nicht zu arbeiten, aber Kunst ist seine Leidenschaft und sein Hobby ist sein Beruf.


Es passiert sonst nicht viel in seinem Leben: Keine Frau, keine echten Freunde, von denen er die einen noch von seinen Eltern „geerbt“ hat, und die anderen haben es auf sein Geld abgesehen, und halten ihn für überheblich und überkorrekt. Seine Höflichkeit gilt als eine Form von Herablassung, seine Großzügigkeit als Selbstverständlichkeit. So verlaufen seine Tage mit deprimierender Durchschnittlichkeit, es muss etwas Außergewöhnliches geschehen, damit er sich an diesen oder jenen Tag erinnert. Adrien ist im alltäglichen Leben ein Chaot und ein unpraktischer Mensch. Er hat keinen blassen Schimmer vom Leben außerhalb der Kunst. Mit Computer und Anrufbeantworter kann er sich nicht anfreunden, auch das Handy hat keinen Eingang in Weynfelds Welt gefunden.


Dann tritt aber Lorena in sein Leben und es verändert sich alles. Es ist nichts mehr so, wie es war. Er verliebt sich in sie, in diese einfache, leichtsinnige Frau, die auch noch in krumme Geschäfte verwickelt ist und ihn ständig in Schwierigkeiten bringt. Ja, sie drängt ihn sogar dazu, eine Fälschung zur Auktion zu bringen, um selbst davon zu profitieren. Schon lange ist dem Leser klar, dass diese Lorena draufgängerisch, hinterhältig, mit allen Wassern gewaschen und sehr raffiniert ist, doch nicht so erscheint sie Weynfeld. Denn er ist verliebt und wie bekannt macht die Liebe blind.

Das Ganze dreht sich um das berühmte Bild von dem Schweizer Maler Felix Vallotton „Nackte Frau vor einem Salamander“, das auch die Umschlagillustration des Buches ist, was natürlich für die Leser die Geschichte anschaulich macht. Dieses Gemälde besitz einen großen Bekanntheitsgrad, es ist ein Renner bei vielen Plakateditionen und dazu noch von einem Geheimnis umwoben, da niemand außer dem Leser weiß, wer es besitzt.


Ein Freund Adriens will es verkaufen, kann sich aber nicht wirklich vom Bild trennen und lässt heimlich eine Fälschung anfertigen. Diese soll dann auf der Auktion versteigert werden. Das entgeht dem Kunstexperten Weynfeld nicht, er ist entsetzt und enttäuscht. Jetzt hat er beide Bilder zu Hause, das Echte und die Fälschung, und er hat einen Plan, er muss handeln. Wird er nun doch die Fälschung zum Verkauf aufstellen? Kann er das mit seinem Gewissen vereinbaren? Wenn dazu noch die geliebte Lorena im Spiel ist? Bleibt er ein Ehrenmann oder ist er keiner mehr? Wie löst er dieses Problem?

Eine spannende und unterhaltsame Lektüre, wenn auch ruhig und gelassen geschrieben, schildert auch gleichzeitig das Dramatische, was Martin Suter literarisch unverkennlich macht. Und es sind wieder menschliche Abgründe, die zu darstellen seine Spezialität ist. Bis zur letzten Seite bleibt alles offen.


Fazit: Das Besondere an Suters Roman ist, und das schätzen seine Leser, dass er durch seine Personen und das Geschehene dem Leser wunderbar vermittelt, dass nichts im Leben endgültig ist. Auch wenn man meint, es kommt nichts mehr, zeigt sich das Leben unerwartet von einer anderer Seite, und man muss plötzlich andere Entscheidungen treffen, seine Ansichten ändern, ungewohnt handeln und sich selbst neu entdecken. Aber so ist nun mal das Leben und so ist der neue Suter!


Ludmila Hück

4 Sterne
4 von 5

© 2008 Christa Roßmann, Ludmila Hück, Harald Kloth