Muriel Barbery

Die letzte Delikatesse

Roman

München ; Dt. Taschenbuch-Verl. ; 2009 ; 155 Seiten ; ISBN: 978-3-423-13759-1

 

Der renommierte Gastronomiekritiker Pierre Arthens, selbsternannter „Herr und Meister der bedeutendsten Tafeln Frankreichs“ wird nach Angaben seines Arztes und Freundes in 48 Stunden sterben, er ist zwar überraschenderweise trotz seiner unzähligen Gelage gesund an Magen und Leber, aber sein Herz ist insuffizient.

 

Es ist für ihn nicht von Bedeutung, daß er sterben wird, aber er will sich noch an einen ganz bestimmten vergessenen Geschmack aus seiner Kindheit - aus Großmutters heimeliger Küche - erinnern, der ihm nicht aus dem Herzen will, aber es gelingt ihm nicht.

 

So läßt er in dem Roman sein ganzes Leben nochmals Revue passieren aber hauptsächlich ist ihm sein egomanisches Leben als „kulinarischer Monarch“ wichtig, er ist genusssüchtig, immer auf der Suche nach Geschmäckern und Gerüchen. Er beschreibt in den höchsten Tönen verschiedene Gerichte, aber auch ganz einfache Dinge wie Brot, Tomaten, oder Mayonnaise, was für den Leser eine einzige Freude ist.

 

Aber er macht sich auch Gedanken über seine Familie, die alles andere als glücklich ist, seine Ehefrau hintergeht und demütigt er, seine eigenen Kinder bezeichnet er als Schwachköpfe und hat nicht die geringste Zuneigung oder Liebe für sie übrig. Alles in allem ist er kein sehr angenehmer Zeitgenosse.

 

Abwechselnd mit den Gedanken von Pierre, die er sich nun an seinem Lebensabend in seinem Zimmer macht, kommen auch die Menschen aus seinem Umfeld zum Zug und sprechen über ihn, so zum Beispiel die Concierge Renee aus der Rue de Grenelle, die Barberys Roman "Die Eleganz des Igels" die Hauptrolle spielt. Die Menschen lassen oft kein gutes Haar an ihm.

 

So kommen auch seine Kinder Laura und Jean zu Wort, die ihn einerseits verfluchen, da er nur Kälte für sie übrig hat, aber im Grunde sich nichts mehr wünschen als von ihm wenigstens ein Fünkchen Liebe zu empfangen. Oder seine Ehefrau Anne, die ihn bedingungslos liebt, aber doch von „einem wahnwitzigen Verlangen nach ihrem eigenen Peiniger“ spricht und alten Zeiten nachtrauert, in denen sie noch an seiner Seite glänzte.

 

Barbery beschreibt hier einerseits die höchsten Gaumenfreuden auf eine Art und Weise, daß man die verschiedenen Geschmacksnuancen beim Lesen direkt schmecken kann. Andererseits werden hier ganz prägnant Einblicke in menschliche Seelen beschrieben die einem manche Gaumenfreude wieder etwas vergällen können.

 

Fazit: Barberys Schreibstil ist ein sprachlicher Hochgenuß und dieser ungewöhnliche, teils sehr poetische Roman ein absolutes Lesevergnügen für literarische Feinschmecker!

 

Tanja Lentner

5 Sterne
5 von 5

© 2009 Tanja Lentner, Harald Kloth