Mario R. Dederichs

Heydrich

Das Gesicht des Bösen

Er verkörperte kaum wie ein anderer das Paradebild der Nationalsozialisten: groß, blond, blauäugig - er war schlank, durchtrainiert, intelligent und absolut gewissenlos. Diese Eigenschaften führten den radikalen Reinhard Heydrich rasant an die Spitze des Reichssicherheitshauptamtes (RSHA), das Gestapo, die Kriminalpolizei und den Sicherheitsdienst (SD) organisatorisch zusammenfasste.

 

Diese Biographie rückt einen Mann wieder in den Focus, der von der Nachwelt zu wenig Beachtung erfuhr, da er sich nicht wie die anderen Haupttäter nach 1945 in den Kriegsverbrecherprozessen verantworten musste, sondern auf dem Höhepunkt seiner kurzen Karriere im Mai 1942 nach einem Attentat in Prag starb.

 

Heydrich´s Opfer erkannten in ihm den "jungen bösen Todesgott" und die "Bestie in Menschengestalt". Dederichs zeichnet nach, wie der in Halle an der Saale geborene Heydrich durch krankhaften Ehrgeiz und dem Willen stets der Beste zu sein unaufhaltsam aufstieg, Gegner demütigte und vernichtete. Bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges war der ehemalige Marineoffizier zum schier allmächtigen Chef des RSHA geworden. Auch wenn er sich im Hintergrund hielt, er war ebenso mächtig wie Himmler, Goebbels oder Göring. Er selbst wähnte sich als der geborene Nachfolger des Führers - was aufgrund seines geringen Alters durchaus im Bereich des Möglichen lag.

 

Er brachte den nationalsozialistischen Unterdrückungsapparat zum Laufen, organisierte das Morden in den Ostgebieten und plante schließlich bei der Wannsee-Konferenz hauptverantwortlich die sog. Endlösung der Judenfrage, die Ermordung von elf Millionen Juden.

 

Im Dezember 1941 wurde er zudem "Reichsprotektor Böhmen und Mähren" - ohne seine bisherigen Aufgaben zu vernachlässigen richtete sich seine Grausamkeit von nun an auch gegen den tschechischen Widerstand, was ihm Aufgrund seiner Überheblichkeit auch das Leben kostete.

 

Der leider bereits vor dem Erscheinen dieses Buches verstorbene Autor hat mit seiner Mitarbeiterin Teja Fiedler viele Quellen zu Rate gezogen und sehr gründlich recherchiert. Er steigt in die Abgründe dieses Mannes hinab und beschreibt sie spannend und verständlich, ohne auf Wissenschaftlichkeit zu verzichten.

 

Zudem begibt er sich auf die Spur der Gattin von Heydrich und dessen Kinder und kann so einmal mehr belegen, wie gering die Bereitschaft war nach dem Ende des Krieges die Vergangenheit aufzuarbeiten und wir groß das Bedürfnis zur Verdrängung war. Äußerst beklemmend liest sich unter anderem die Passage, wie sich Heydrichs Witwe nach 1945 ihre Rente erstritt.

 

Dieses Buch zeichnet sich zudem durch sehr nützliche Anhänge aus. Zu bedauern ist lediglich, dass das Bildmaterial im Buch an Qualität sehr zu wünschen übrig lässt.

 

Fazit: Eine beeindruckende Mischung aus Psychogramm, Biographie und historischer Reportage.

 

Wolfgang Gonsch

4/5 Sterne
4/5 von 5

© 2006 Wolfgang Gonsch, Harald Kloth