Alfred Komarek

Blumen für Polt

Kriminalroman

Simon Polt. Band 2

Spektakulär ist es immer noch nicht, das Leben im Weinviertel. Zwei Jahre ist es her, dass Polt beim Fall des mittels Gärgas umgebrachten Weinbauern Hahn weinen musste (Polt muß weinen). Still ist es, ruhig und beschaulich geht es zu in der Region, die hauptsächlich von Weinbauern bewohnt ist - und von Wienern, die aufgelassene Kellergewölbe und Anwesen als Wochenenddomizile aufkaufen.

 

Dass mal ein kleiner Autounfall passiert, kann natürlich auch hier vorkommen; und dass dabei mindestens einer der Beteiligten vorher einen kleinen Schluck Wein verkostet hat, versteht sich fast von selbst, denn meistens ist sowieso mindest ein Kiewara mit von der Partie. Höchst bedauerlich ist natürlich trotzdem, wenn dabei ein Mensch ums Leben kommt. Aber der Riedl Rudi, der hier unter die Räder kam, ist im ganzen Ort bekannt dafür, sich schon mal absichtlich vor ein Auto fallen zu lassen, um dann Schmerzensgeld kassieren zu können. Entsprechend ist die Polizei auch bemüht, den Fahrer nach Möglichkeit durch Zeugenaussagen zu entlasten.

 

Am selben Abend wird aber noch ein weiterer Todesfall vermeldet. Willi, ein geistig Behinderter und vor allem Polts Freund, war über einen Lößabbruch gestürzt. Und das kommt Simon Polt seltsam vor, denn erst ein paar Stunden davor hatte er sich von Willi noch versprochen lassen, an dieser gefährlichen Stelle vorsichtig zu sein. Auch wenn das für offizielle Ermittlungen nicht reicht, ein wenig umhören wollte er sich auf alle Fälle. Unter anderem bei der Kinderbande, die hier in der Kellergasse spielt, und die auch dafür bekannt ist, Willi immer mal wieder massiv gehänselt zu haben.

 

Dass die Viererbande, die in der aufgelassenen Kellergasse ihr Hauptquartier aufgeschlagen hatte, für mehr verantwortlich war als nur das immer aufs neue verschwindende Fahrrad der Greisslerin, liegt auf der Hand und so hört Gendarmerie-Inspektor Simon Polt nicht auf Fragen zu stellen und setzt sogar seine frisch geknüpfte Liebesbeziehung zu seiner Pädagogin aufs Spiel ...

 

Was Komarek hier erzählt, ist eigentlich eine ganz alltägliche Geschichte. Ein Autounfall, ein Sturz; traurig zwar, aber nichts, was auf andere Motive würde schließen lassen. Es braucht schon einen Simon Polt, um unter die Oberfläche zu kommen. Seine Verhörmethoden entsprechen mit Sicherheit nicht den gängigen Verfahrensweisen; statt im Präsidium mit den Leuten zu sprechen zieht er es vor, sie in ihren Wohnungen zu befragen.

 

Irgendwann trägt dieses Zuhören, seine Beharrlichkeit dann auch Früchte: schon wieder gibt es ein neues, winziges Detail, das ihn weiter lockt!

 

Beschaulich erzählt Komarek hier, obwohl die Geschichte nichts an Spannung vermissen lässt. Er erzählt mit einer ungeheuren Liebe zum Detail, von den Gegenständen und von der Region, in der er seine Krimis angesiedelt hat.

 

Es gibt Autoren, die schaffen es, eine ganze Welt vor dem Auge des Lesers entstehen zu lassen. Komarek gehört hier eindeutig dazu. Es ist, als würden die Landschaft und der Erzählrhythmus eins sein. Lassen Sie sich vom österreichischen Charme, von der Liebe zum Detail, von verfallenen Presshäusern, verwachsenen Hohlwegen und friedlichen Weinkellern verführen!

 

Mehr Regionalkrimis.

 

Fazit: Eine gelungene Symbiose, lesens- und empfehlenswert nicht nur für Leser, die an der Region interessiert sind oder Krimi-Fans sind, sondern auch authentische Milieu-Studien lieben.

 

Wolfgang Gonsch

4 Sterne
4 von 5

© 2006 Wolfgang Gonsch, Harald Kloth