Klara Jahn: Die Farbe des Nordwinds

München ; Heyne ; 2021 ; 397 Seiten ; ISBN 978-3-453-27313-9
 
Ellen kehrt nach zwei Jahrzehnten zurück auf die Hallig, wo sie einst als Jugendliche lebte. Damals war ihre flatterhafte Mutter mit Bauer Thijman liiert. Dessen Tochter Liske war für Ellen nicht nur eine Stiefschwester, sondern eine richtige Freundin.
Bis die Mutter entschied, sich wieder zu verändern und woanders ihr Glück zu versuchen. Als Lehrerin der Halligschule kehrt Ellen nun an den einzigen Ort zurück, an dem sie sich bisher so richtig zuhause gefühlt hat. Liske hat ihr den Fortgang aber nie verziehen, daher ist die Stimmung auch äußerst angespannt, als Ellen Liskes Ferienwohnung bezieht.

 

Bald wird deutlich, dass hinter der anfänglichen Feindseligkeit nur wahnsinnige Enttäuschung und Verletzlichkeit stecken. Durch ihr Engagement in der Halligschule und die intensive Beschäftigung mit der Geschichte der Halligen gelingt es Ellen aber, unter Beweis zu stellen, dass sie es wirklich ernst meint. Sie ist wirklich gekommen, um zu bleiben. Nach und nach nähern sich die beiden Frauen dann doch wieder an.

 

Parallel zur Geschichte rund um Ellens Suche nach Heimat und der Suche nach sich selbst erzählt Klara Jahn noch eine andere Geschichte. Im Wechsel erfährt man vom harten und entbehrungsreichen Leben der Halligleute vor 200 Jahren. Im Zentrum steht die Geschichte der beiden Waisenkinder und Brüder Arjen und Hendrik Martensen. Ähnlich wie Liske von Ellen wird auch Hendrik von Arjen verlassen. Pastor Danjel erkennt, wie intelligent Arjen ist und nimmt ihn mit aufs Festland, um ihm in Husum den Schulbesuch zu ermöglichen. Hendrik bleibt auf der Hallig und wächst bei Stiefeltern auf. Genau wie Ellen kehrt auch Arjen Jahre später als Lehrer auf die Hallig zurück. Und wie bei Liske herrscht auch bei Hendrik absolute Ablehnung und Verbitterung. Damals wie heute müssen die Menschen, die auf den Halligen leben, aber zusammenhalten, um zu überleben.
Insbesondere, wenn 'Land unter' herrscht und alles auf dem Spiel steht.

 

Mit diesem Buch verknüpft die Autorin geschickt das historische Ereignis der Großen Halligflut von 1825 mit einer Geschichte aus der Gegenwart. Sehr einfühlsam und bildgewaltig vermittelt sie, was das Leben auf den Halligen ausmacht. Wie sehr die Menschen dort den Naturgewalten ausgeliefert sind und dennoch dieses kleine Stückchen Erde lieben und bewahren möchten. Auch der Aspekt Natur- und Küstenschutz wird thematisiert. Kurzum, in diesem Buch geht es um den hohen Norden, Heimat, Zusammenhalt, die Kraft der Natur und die Liebe zur Nordsee.
 
Fazit: ein wunderschön geschriebenes Buch für alle, die gerne ein wenig Nordseeluft schnuppern möchten.

 

Sonja Kraus

5 Sterne
5 von 5

 © 2021 Sonja Kraus, Harald Kloth