Angriffsziel Moskau

(Fail-Safe, 1963)

Regie: Sidney Lumet

Laufzeit: 107 Minuten

 

Im Kalten Krieg: Ein vom Kurs abgekommenes Zivilflugzeug wird irrtümlich für einen angreifenden, sowjetischen Flugkörper gehalten. Routinemäßig wird eine US-Bomberstaffel zum sogenannten Fail-Safe-Punkt beordert. Als die Kommandozentrale in Nebraska den Irrtum aufklären kann, ist es aber bereits zu spät. Die Kommunikation ist durch russische Funksignale gestört und die Langstreckenbomber sind auf dem Weg zum Zielpunkt Moskau. Verzweifelt versuchen der us-amerikanische Präsident (Henry Fonda) und der sowjetische Ministerpräsident einen alles vernichtenden Weltkrieg abzuwenden.

 

Nach dem 1962 veröffentlichten Roman »Fail-Safe« (»Feuer wird vom Himmel fallen«) von Eugene Burdick und Harvey F. Wheeler entstand die Literaturverfilmung nur wenig später. Kurz nach der Kubakrise wurde zum ersten Mal die Möglichkeit einer vollständigen Vernichtung beider Machtblöcke durch einen Fehler filmisch skizziert. Wie Regisseur Sidney Lumet in der Dokumentation »Filmprojekt Angriffsziel Moskau« sagt, lehnte das amerikanische Militär nicht nur eine Mithilfe bei diesem Film ab, sondern behinderte auch das Beschaffen von geeignetem Archivmaterial. So wurden die benötigten Bomberszenen (Interkontinentalraketen gab es zur damaligen Zeit noch nicht) heimlich gedreht und mehrmals verwendet. Verwunderlich ist dies nicht, kritisiert der Film doch in aufwühlender Weise die Militärmaschinerie ob ihrer Abhängigkeit von Technik, dem enormen Zeitdruck lebenswichtige Entscheidungen zu treffen und das Fehlen von Vertrauen in die Menschen.

 

Zu den eindrucksvollsten Szenen gehören die Ignoranz des Bomberpiloten, als ihn seine Frau per Funk überzeugen will, dass eben kein Krieg sei und er umkehren soll. Ebenso dazu gehören die Vernichtung andeutenden Standbilder zum Schluß.

 

Henry Fonda stellt den US-Präsidenten in seiner unnachahmlichen Schauspielkunst als perfektes Staatsoberhaupt dar. Souverän, empathisch und übermenschliche richtige Entscheidungen treffend. Der hervorragende Walter Matthau gibt den Atomkrieg propagierenden Atomphysiker eine bizarre Note. In einer emotional sehr interessanten Rolle ist, der später als Fiesling J. R. bekannt gewordene, Larry Hagman als Übersetzer zu sehen.

 

Der vielfach ausgezeichnete Regisseur Sidney Lumet hat mit »Angriffsziel Moskau« einen kammerspielartig wirkenden Polit-Thriller von enormer Spannung geschaffen. Bis auf wenige Ausnahmen am Anfang spielt der Spielfilm nur an vier wichtigen Orten, u.a. dem Atombunker des US-Präsidenten und der US-Kommandozentrale.

 

Dass »Angriffsziel Moskau« nach über 50 Jahren (!) noch immer beklemmend wirkt, auch wenn sich die technischen Gegebenheiten geändert haben, spricht für dieses völlig unterschätzte Meisterwerk.

 

1964 verfilmte Stanley Kubrick mit »"Dr. Seltsam oder: Wie ich lernte die Bombe zu lieben« eine ähnliche Geschichte, stellte aber statt ernster Dramatik absurden Humor in der Vordergrund. Im Jahr 2000 entstand eine Neuverfilmung für das Fernsehen von Regisseur Stephen Frears ( »Gefährliche Liebschaften«,  »Die Queen«). Dieses sehenswerte Remake ist inhaltlich fast identisch, ebenso in schwarz-weiß und mit George Clooney, Richard Dreyfuss, Brian Dennehy, Harvey Keitel und anderen starbesetzt.

 

Die DVD mit einer Lauflänge von 107 Minuten enthält als Bonusmaterial die kurze Dokumentation »Filmprojekt Angriffsziel Moskau«, in der unter anderem Regisseur Sidney Lumet zu Wort kommt. Außerdem findet sich optional eine deutsch untertitelter Regiekommentar.

 

Fazit: Ein zeitlos spannender Klassiker aus dem Kalten Krieg.

 

Harald Kloth

5 Sterne
5 von 5

 © 2019 Harald Kloth

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