Graham Norton: Ein irischer Dorfpolizist

Roman

Reinbek ; Kindler ; 2018 ; 332 Seiten ; ISBN 978-3-463-40690-9

Sergeant PJ Collins ist Dorfpolizist im äußerst beschaulichen Örtchen Duneen in Irland. Ihm ergeht es wie vielen Dorfbewohnern - jeder scheint aus anderen Gründen mit seinem Leben unzufrieden und unglücklich zu sein. PJ ist frustriert, weil er im Grunde nichts zu tun hat und aufgrund seiner extremen Körperfülle auch noch zum Gespött der Leute wird. Und dann ist da auch noch die Haushälterin Mrs. Meany, die PJ zwar kulinarisch beinahe überversorgt, ansonsten aber sehr reserviert ist.

Als bei Baggerarbeiten menschliche Knochen gefunden werden, scheint der ganze Ort in Aufruhr zu geraten. Im sonst ziemlich öden Duneen ist plötzlich etwas geboten und die Bevölkerung ergötzt sich an wilden Spekulationen. Könnte es sich um Tommy Burke handeln, der vor zwanzig Jahren spurlos verschwunden ist?

 

Brid Riordan ist eine der Frauen, die dieser Fund besonders aufwühlt. Sie war damals mit Tommy verlobt und kurz vor der Hochzeit verschwand er plötzlich. Verwunden hat sie diese Schmach bis heute nicht und selbst ihre beiden Kinder können sie nicht davon abhalten, ihre Traurigkeit im Alkohol zu ertränken. Doch Tommy Burke hatte gleichzeitig auch noch einem anderen Mädchen das Herz gebrochen. Evelyn Ross, dem verletzlichen Mädchen, das den eigenen Vater erhängt im Schuppen gefunden hat, schenkte Tommy ein Halstuch. Alles gipfelte darin, dass sich die beiden Mädchen vor aller Augen auf dem Dorfplatz prügelten. Und am selben Tag verschwand Tommy Burke.

Erstmals in seiner Karriere beginnt PJ Collins zu ermitteln. Dabei passt es ihm natürlich gar nicht, dass Detective Superintendent Linus Dunne aus Cork anreist, der ihm ganz genau auf die Finger schaut und ihn ganz offensichtlich für einen Versager hält.

Im Zuge der Ermittlungen stößt PJ auf allzu Menschliches wie geplatzte Träume, Lebenslügen und Selbstbetrug. Auch alte Wunden reißen wieder auf, was für die Betroffenen sehr schmerzhaft ist. Doch PJ bleibt am Ball und überrascht damit sowohl sich als auch andere.

Mit seinem Debütroman hat Graham Norton ein sehr lesenswertes Stück Literatur geschafffen. Die einzelnen Charaktere werden sehr präzise und wohlwollend beschrieben. Jede Figur kämpft auf ihre Art mit den kleinen Ungerechtigkeiten und Unwägbarkeiten des Lebens. Daneben schwingt immer auch eine gewisse Verlorenheit, Trostlosigkeit und Einsamkeit mit. Und wenn man bei der Geschichte dann auch noch an nebelverhangene Hügel im verregneten Irland denkt, passt alles perfekt zusammen.

Fazit: ein sehr schönes und gleichzeitig auch sehr trauriges Buch. Ideal für verregnete Herbstabende.

 

Sonja Kraus

4/5 Sterne
4/5 von 5

© 2018 Sonja Kraus, Harald Kloth