Ulrike Herwig: Das Leben ist manchmal woanders

Roman

München ; dtv ; 2018 ; 288 Seiten ; ISBN 978-3-423-26161-6

 

Die beiden Schwestern Judith und Marlene unterscheiden sich in ihrem Lebensstil völlig voneinander. Judith und ihr Ehemann Achim führen ein angepasstes, überschaubares, ja fast langweilig anmutendes Leben. Der Kontakt zu ihrem gemeinsamen Sohn Frank, der in Australien lebt, ist schon lange abgebrochen und macht den Eltern schwer zu schaffen. Die etwas schräge Marlene hingegen schlägt sich als Alleinerziehende mit ihrem 14- jährigen Sohn Gregor durchs Leben und kann eindeutig dem „Ökolager“ der Bevölkerung zugeordnet werden. Auch Gregor fällt durch die besondere Art sich zu Kleiden buchstäblich ins Auge. Außerdem zeigt er gravierende Verhaltensauffälligkeiten und wird von seiner Umwelt als behindert abgestempelt.

Diese Gegensätzlichkeit führt unweigerlich zu einem Spannungsfeld zwischen beiden Familien. Als Marlene während eines Besuchs bei Judith einen schweren Unfall erleidet und ins Koma fällt, findet Gregor bei Onkel und Tante ein vorübergehendes Zuhause.

Diese wohnen in einem Mehrparteienhaus welches von Anonymität, Tratsch, Spießigkeit und Vorurteilen geprägt wird, was Gregor jedoch wiederum völlig unbeeindruckt lässt.

Er strapaziert die Nerven seiner Mitmenschen anfänglich bis aufs Äußerste. Seine sachliche, von Logik gekennzeichnete Art, die unkonventionelle Spontanität, Beharrlichkeit und entwaffnende Ehrlichkeit jedoch vermögen die eingefahrenen Strukturen im Haus aufzuweichen.

So entsteht nach und nach aus einem Nebeneinander ein Miteinander und Füreinander - wovon letztendlich alle profitieren. Die Beziehung zwischen Judith und Achim bekommt ebenfalls wieder frischen Wind in die Segel und Gregor erfährt stetig mehr Zuwendung, Geborgenheit und Liebe von beiden in einer - besonders für ihn - so schwierigen und traurigen Zeit.

Fazit: Ein absolut lesenswerter Roman der zeigt, dass es möglich ist, im Kleinen Großes zu bewegen. Eine vermeintliche Behinderung kann zum Gewinn für die Mitmenschen werden.

Elisabeth Gonsch

5 Sterne
5 von 5

© 2018 Elisabeth Gonsch, Harald Kloth