Cartel Land

(2015)

Regie: Matthew Heineman

 

2014 wurden 43 mexikanische Grundschulstudenten von Kriminellen entführt und ermordet. Diese Massenentführung markiert einen traurigen Höhepunkt des seit 2006 andauernden Drogenkriegs in Mexiko, dessen sechsstellige Opferzahlen das Leid der Entführten, Misshandelten und Ermordeten nur schwer begreiflich machen können.

 

Der us-amerikanische Filmemacher Matthew Heineman nähert sich dem Thema aus einer bislang unbekannten Perspektive. Es gelang ihm Zugang zu Bürgerwehren auf amerikanischer und mexikanischer Seite zu erlangen. Im US-Bundesstaat Arizona begleitet er den Ex-Soldat Tim "Nailer" Foley und seine paramilitärische Truppe der "Arizone Border Recon". In ihren Streifzügen durch das schwer zugängliche Grenzgebiet führt die Truppe einen ungleichen Kampf gegen die Schmuggler der Drogenkartelle, ständig beobachtet durch die Späher der Drogenhändler. Obwohl die Truppe von offizieller Seite abgelehnt wird, findet offenbar eine enge Zusammenarbeit mit den lokalen Grenzpatrouillen statt, wie der Regisseur im Interview (enthalten im Bonusmaterial) preisgibt.

 

Das zweite - viel interessantere weil sehr fesselnde - Blickfeld reichtet Heineman auf die Bürgerbewegung der "Autodefensas" im mexikanischen Bundesstat Michoacán. Regiert bei den US-Bürgerwehren vorwiegend Angst vor einem "Überschwappen der Kartelle auf die USA", so wirkt es auf mexikanischer Seite als legitimer Versuch die Macht der Kartelle durchbrechen zu können. Heineman konnte das Vertrauen der charismatischen Galionsfigur der Bewegung, des Arztes Jose Manuel Mireles, gewinnen. Dadurch gelangen ihm Aufnahmen von einzigartiger Authentizität. Heineman befand sich plötzlich in Schiessereien, interviewte schwer traumatisierte Überlebende eines Massakers und hielt fest, wie die Bewohner eines Dorfes die mexikanische Armee zum Abzug zwangen - weil sie dem Staat nicht mehr vertrauen.

 

Schon in den Spielfilmen Traffic - Die Macht des Kartells (2004, Regie: Steven Soderbergh) oder Sicario (2015, Regie: Denis Villeneuve) wurde der fast aussichtslose Kampf gegen die Drogenkartelle publikums- und actionwirksam thematisiert. Im Dokumentarfilm Cartel Land gibt es aber weder Helden, noch einfache Lösungen. Deutlich wird, dass sich die Grenzen zwischen Gut und Böse auflösen. Drogenkartelle, staatliche Institutionen, Politiker oder Bürgerwehren sind oftmals miteinander verflechtet. Korruption und Angst sind Mittel zur Kontrolle der Bevölkerung geworden. Lösungen hat auch Matthew Heineman nicht parat.

 

Für seinen, teils unter lebensgefährlichen Bedingungen gedrehten, Dokumentarfilm erhielt Heinemann beim Sundance Film Festival 2015 den Preis für die beste Regie und die beste Kamera. Bei der Oscarverleihung 2015 wurde Cartel Land als bester Dokumentarfilm ausgezeichnet.

 

Fazit: Hochspannender Dokumentarfilm über Anführer von Bürgerwehren in Mexiko und USA. Dramatisch und Packend inszeniert.

 

Harald Kloth

4/5 Sterne
4/5 von 5

© 2016 Harald Kloth