Miranda July: Der erste fiese Typ

Roman

Köln ; Kiepenheuer & Witsch ; 2015 ; 331 Seiten ; ISBN 978-3-462-04770-7

 

Wenn ein Verlag  bemüßigt fühlt, um das rabenschwarz gestaltete Cover einer Neuerscheinung eine knallgelbe Banderole zu wickeln, auf der somit auf der Vorderseite des Buches folgendes Zitat einer hierzulande unbekannten Autorin (A.M. Holmes) zu lesen ist: „Kaufen Sie gleich zwei Exemplare – eins für Sie selbst, eins für Ihre Freundin. Denken Sie bloß nicht, Sie könnten dieses Buch verleihen – Sie werden es niemals wiederbekommen!“ – was denkt sich der nun nicht mehr unvoreingenommene, aber noch ahnungslose Leser sodann? Hilfe/Juhu (je nachdem) – Frauenliteratur! Genau!

Miranda July, amerikanische Filmemacherin und Autorin, die bislang nur einen Band mit Kurzgeschichten veröffentlicht hat und vielleicht eher durch ihre cineastischen Projekte als Schauspielerin und Regisseurin bekannt ist, befördert den Leser mittels ihres Romandebüts „Der erste fiese Typ“ in die Welt von Cheryl Glickman. Cheryl ist Anfang Vierzig, arbeitet in einem Frauen-Selbstverteidigungsstudio, das Fitness-DVDs produziert, ist gleichermaßen ewig wie erfolglos in ihren 22 Jahre älteren Kollegen Philip verliebt und strotzt eher vor Selbstzweifeln als vor Selbstbewusstsein. Sie leidet unter einem Globussyndrom (Kloß im Hals), unter einem unerfüllten Kinderwunsch und unter mangelnder Liebe. Auf ihren eigentümlichen Ordnungssinn bildet sie sich einiges ein („Muss die Pfanne gespült werden? Nicht, wenn Sie nur Herzhaftes daraus essen.“), ebenso darauf, dass sie ein Leben führt, in dem sie sich ab einem gewissen Punkt selbst nicht mehr spürt, so, als würde sie gar nicht existieren. Als die 20jährige Tochter eines Mitarbeiters samt Chaos, Fußschweiß und TV-Sucht vorübergehend bei ihr einzieht, wird die langweilige und wohlgeordnete Welt Cheryls jedoch endlich ordentlich aufgemischt.

Julys Schreibstil erinnert an einen Aufsatz einer 14jährigen, die krampfhaft versucht, permanent witzig sein zu wollen. Die Autorin springt oft zusammenhanglos von einer Szene in die nächste und bietet stilistisch einfach nur nichts. Sie stattet ihre Charaktere mit einer Fülle von Klischees aus, der Versuch, dabei Exzentrik zu kreieren, kippt ins Lächerliche. Die Häufung ihrer Übertreibungen erzeugt beim Leser (bei jenem der „Hilfe“-Fraktion, der die quietschgelbe Warnung nicht ernst genug genommen hat) bereits auf den ersten Seiten Unwohlsein, das sich dadurch verstärkt, dass die Autorin Cheryl in jeder erdenkbaren Szene einerseits möglichst ausgefallen zu geben versucht (Ninja-Smoothiemaker als Geschenke an die Mitarbeiter etc.), andererseits die Handlung vorhersehbar ist wie das Wetter in den nächsten 5 Minuten. Pluspunkt des Romans: man weiß sehr schnell, ob man ihn mag oder nicht und kann ihn im zweiten Fall bedenkenlos verleihen und darauf hoffen, dass Werbesprüche auf gelben Banderolen wenigstens einmal halten, was sie versprechen.

Fazit: Peinlich bis unerträglich. Oder klasse witzig. Je nachdem.

 

Christa Roßmann

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© 2015 Christa Roßmann, Harald Kloth