Alfred Komarek

Zwölf mal Polt

Kriminalgeschichten

Irgendwie lässt unser liebgewonnener Dorfgendarm Simon Polt den österreichischen Autor Alfred Komarek nicht los. Anders kann man es sich halt nicht erklären, warum er nach den vier Jahreszeiten-Krimis und den die Pentalogie abschließenden Einzelband Polt noch die Anthologie Zwölf mal Polt nachschiebt. Die Frage, die sich nach solch erfolgreichen Vorgängern stellt, ob es jetzt auch noch ein solch zwölf Kapitel starkes, abrundendes Sammelsurium braucht, ist kurz und schmerzlos beantwortet: Ja!

 

Im Mittelpunkt des Ganzen steht natürlich: Simon Polt, Radl fahrender Gendarmerieinspektor, beschaulich, in sich ruhender Einzelgänger und einziger Angestellter seines Katers Cernohorsky. Ihn, den dann und wann verstockten, leicht depressiven und seinem leichten Hang zum Phlegmatischen gerne nachgebenden zieht aus nicht nur von Berufs wegen, sondern auch aus Neigung an die Ränder und in die Grauzonen des dörflichen und nur scheinbar beschaulichen Lebens. Hier im Wiesbachtal kennt halt jeder jeden und jeder traut jedem alles und wiederrum gar nichts zu. Vor allem dann, wenn es um die zwei wichtigsten Dinge im Tal - dunkle menschliche Abgründe und Wein – geht, dann wird auch der Gesprächigste taub und stumm.

 

Aber eigentlich passiert ja auch nicht viel in Brunndorf und Umgebung: mal fährt halt mal ein stockbesoffener Weinbauer nach einer Verkostung einen tot, mal ertrinkt ein deutscher Journalist in der Maische oder ein japanischer Tourist in einem Weinfassl, mal wird Cernohorsky des Diebstahls überführt und ab und zu will sich halt mal irgendjemand bei irgendwem wegen irgendwas rächen. Und immer geht es rückblickend und abschließend um frühere Fälle des Inspektors. Diese Anthologie spannt einen weiten zeitlichen und auch inhaltlichen Bogen des Protagonisten, vom ersten Arbeitstag des jungen Inspektors bis hin zu vielem Privatem. So ergibt sich für Alfred Komarek die Möglichkeit die Charaktere über einen langen Zeitraum weiter zu entwickeln – und er nutzt diese Chance: Selten kann man in einem einzigen Buch eine derartige Entwicklung der Figuren erleben!

 

Lassen sich also mit Simon Polt, diesem sympathischen, stoisch ruhigen, fast lethargischen und leicht depressiven aber vor allem trinkfreudigsten Dorfgendarmen Europas, wenn nicht sogar des niederösterreichischen Weinviertels mit seinem unnachahmlichen Gespür für Landschaft und Leute treiben und treffen sie gute alte Freunde und Bekannte: Streifen sie mit der allwissenden Gemischtwarenhändlerin Frau Habesam und dem Winzer Franz Höllenbauer, mit Karin Walter, der Frau an Polts Seite und natürlich mit seinem Kater Czernohorsky durch die Wiesbachtaler Refugien Brunndorf und Burgheim, durch idyllische Kellergassen, schauen sie in die Presshäuser mit ihren Weinkellern, diesen dunklen Königreichen der Stille und Kleinst-Philosophie mit all ihren kleinen Freiheiten – vom zünftigen Verkosten bis hin zum frustbeladenen Besäufnis. Schließlich gibt es viele Gründe für die Wiesbachtaler Männer, die es zwingend erforderlich machen, regelmäßig und das ganze Jahr über im Weinkeller bzw. Presshaus Nachschau zu halten.

 

Und mittendrin ermittelt stimmungsvoll unser Simon Polt und ab und zu fällt auch für den Leser dabei ein Glaserl Veltliner, Blauburger oder Syrah ab ...

 

Mehr Regionalkrimis.

 

Fazit: Dieser Sammelband voller Nischen-, Hintergrund- und Abschlussgeschichten rund um die Kriminalfälle der fünf Vorgängerbände rundet das Polt´sche Universum zwischen Dorftratsch, Kellergasse und Presshäusern mit eindrucksvoll spannenden, tief menschlichen und hintersinnigen bis hin zu nur scheinbar seicht dahin plätschernden G´schichterln ab.

 

Wolfgang Gonsch

4 Sterne
4 von 5

© 2011 Wolfgang Gonsch, Harald Kloth