Celeste Ng: Was ich euch nicht erzählte

Roman

München ; dtv ; 2016 ; 279 Seiten ; ISBN 978-3-423-28075-4

 

Im ersten Roman von Celeste Ng (sprich: Ing) „Was ich euch nicht erzählte“ wird eine Familiengeschichte nach dem Tod der Lieblingstochter Lydia aufgerollt. Wenige Tage, nachdem die 16-jährige Lydia eines Nachts verschwunden ist, wird ihre Leiche in einem See nahe ihres Elternhauses gefunden. Nichts deutet auf Mord hin, nur ihr älterer Bruder Nath verdächtigt den verwahrlosten Nachbarsjungen Jack, mit dem Lydia in den letzten Monaten viel Zeit verbrachte und der für seinen Ruf als Verführer bei den jungen Mädchen berüchtigt ist. Nach und nach wird jedoch klar wie unglücklich und einsam Lydia tatsächlich war.

 

Der Bestseller, der in den siebziger Jahren in Ohio spielt, erzählt die problematische Familiengeschichte von Marilyn, einer jungen Frau, die unbedingt Ärztin werden möchte. In Harvard lernt sie James, den Sohn chinesischer Einwanderer, kennen. Kurze Zeit später wird sie schwanger und muss ihr Studium schweren Herzens  abbrechen. Die Mutter Marilyn projiziert ihren gescheiterten Lebenstraum Ärztin zu werden auf Lydia und diese sagt zu allem „Ja“ aufgrund von Ängsten die Mutter zu verlieren.  James, der seit seiner Kindheit aufgrund seiner chinesischen Abstammung ausgegrenzt wird, überträgt seine Sehnsucht beliebt zu sein auf seine Kinder. Dabei merken die Eltern nicht, wie einsam und unglücklich Lydia wirklich ist. Für Lydia ist in dieser Situation der baldige Weggang ihres älteren Bruders Nath zum Studium in Harvard ein schwerer Schlag, da sie damit den einzigen Menschen, der sie versteht, zu verlieren droht. Die jüngste Tochter Hannah kommt im Buch als auch im Leben ihrer Familie kaum vor, sie ist quasi für Eltern und Geschwister fast unsichtbar und verhält sich auch so. Aber allein sie ist es, die etwas von den Problemen der Schwester ahnt.

 

Dieses Buch rührt vor allem zum Ende hin fast zu Tränen, als die Familie am Tod von Lydia völlig zu zerbrechen droht und es doch ein klein wenig Hoffnung für eine gemeinsame Zukunft der Familie Lee gibt.

 

Die Autorin erzählt aus den unterschiedlichen Perspektiven der Familienmitglieder, wie es zum Tod von Lydia kommen konnte. Der Erzählstil ist anspruchsvoll und Celeste Ng gelingt es die Schicksale der Familie Lee deutlich zu charakterisieren.

 

Fazit: Ein bedrückendes, aber spannendes Familiendrama, das zum Nachdenken anregt.

 

Katrin Scharf

5 Sterne
5 von 5

© 2016 Katrin Scharf, Harald Kloth