Dagmar Isabell Schmidbauer

Der Tote vom Oberhaus

Kriminalroman

Er liebt die Schreckensschreie seiner Opfer über alles, und das Gefühl dass ihm jemand auf Gedeih und Verderb ausgeliefert ist. Und das Gefühl, dass ihm jemand durch das Burgtor der majestätisch über der Stadt thronenden Feste Oberhaus folgt, erregt ihn von Minute zu Minute mehr. Er war ein Meister, den Jäger zum Gejagten zu machen und so sollte es auch dieses Mal werden. Er liebte es auch in die überraschten Gesichter seiner vermeintlichen Jäger zu blicken, wenn diese zu spät erkannten, dass er den Spieß wieder einmal umgedreht hatte und sie selbst in der Falle saßen. Auch dieses Mal vernahm er einen unterdrückten Schreckensschrei und vor Erregung begann sein ganzer Körper zu kribbeln. Zufrieden beobachtete er das entsetzte Zurückweichen seines ehemaligen Verfolgers, und mit Genugtuung setzte er sich langsam, Schritt für Schritt in Bewegung. Vorwärts, direkt auf seinen verängstigten Gast zu. Er war sich sicher. Sehr sicher. Gleich sollte es wieder einmal so weit sein ...

 

Mit einer solch spannenden Sequenz beginnt Der Tote vom Oberhaus, Dagmar Schmidbauers packender, absolut stimmiger und erfrischend prickelnder Nachfolgeroman von Die Marionette des Teufels. Der Hauptteil des Plots spielt wiederum in der wunderschönen Dreiflüssestadt Passau und deren Umgebung und vermittelt wiederholt ein wunderbares Bild dieser Stadt, ohne in das Klischee eines klassischen Regional-Krimis abzugleiten.

 

Die Autorin schafft es wieder vorzüglich, die Protagonisten nicht zu Helden, sondern zu Menschen aus Fleisch und Blut zu machen, mit Fehlern und Schwächen, Stärken und Wünschen, wie sie das Leben schreibt. Auch die mehr als nur bereichernden Nebenfiguren entwickelt sie stimmig und glaubhaft und macht sie dadurch unverzichtbar. Dagmar Schmidbauer würzt diesen Plot nicht nur mit kleinen witzigen und pikanten Episoden, wie sie nur dem bayerisch-österreichischen Grenzraum bzw. der berühmten Passauer Kabarettszene entspringen können, sondern bringt auch schlüssige Auflösungen verzwickter Sachverhalte und Handlungsabläufe. Sie konzentriert sich dabei auf das Wesentliche, ohne jedoch auf das erzählerische Element zu verzichten.

 

Was diesen mit teils sensationellen Vorgangsbeschreibungen gespickten, zutiefst menschlichen Krimi zusätzlich aufpeppt, sind die stimmigen, ineinander verwobenen, sich teils auch kreuzenden Handlungsstränge, die liebevoll durch die Tatwaffe, eine mittelalterliche Partisane als Alinea abgegrenzt werden. Dieser mitreißende Krimi aus einem Guss, aus dem sich nach und nach einige Motive und noch mehr Verdächtige heraus kristallisieren ist genau die richtige Medizin, einen tristen, verregneten Sonntag zu überstehen. Dagmar Isabell Schmidbauer hat sich erzählerisch spürbar weiter entwickelt und an Kontur gewonnen und es gibt absolut keinen einzigen Grund diesem herrlichen Plot nicht die volle Punktzahl zu geben - Chapeau!

 

Mehr Regionalkrimis.

 

Fazit: Spannend, sexy und ein bisserl hinterfotzig – genau so muss eine bayerische Kriminalgeschichte sein!

 

Wolfgang Gonsch

5 Sterne
5 von 5

© 2012 Wolfgang Gonsch, Harald Kloth