Rudolf Nedzit

Rezensionen

5 Sterne

Nedzit, Rudolf: Wantlek. Band 1: Briefe an einen Freund

4 Sterne

Nedzit, Rudolf: Wantlek. Band 2: Ein philosophischer Roman

Interview

Mit seinem nicht mal 80seitigen Briefroman Wantlek schaffte Rudolf Nedzit ein unglaubliches Roman-Debüt. Natürlich möchten die Leserinnen und Leser ein bisserl mehr über den Schriftsteller erfahren, als üblicherweise auf den Klappentexten zu lesen, auf den Verlagsseiten zu finden bzw. auf den Webseiten im Internet zu erfahren ist. Wir freuen uns deshalb sehr, dass sich der Autor Rudolf Nedzit für das Online-Magazin HOW2FIND.DE zu einem ausführlichen Interview zur Verfügung gestellt hat.

Rudolf Nedzit
Rudolf Nedzit (Foto © Rudolf Nedzit, 2007)

Lieber Herr Nedzit, wenn Sie sich bitte unseren Leserinnen und Lesern etwas ausführlicher vorstellen möchten ...

Rudolf Nedzit: Gerne - und es sei mir gestattet, das „etwas“ wörtlich zu nehmen, denn ich stelle mich nicht gerne in den Vordergrund. Ich bin Jahrgang 1957, seit 28 Jahren verheiratet, habe zwei Söhne, gebürtiger Saarländer, lebe mit meiner Familie auch im Saarland, woran sich nichts ändern soll, denn ich bin sehr bodenständig.

 

Was hält die Familie vom Schriftsteller „Rudolf Nedzit“ bzw. wie geht Ihre Familie mit dem „mein Papa / mein Mann ist Schriftsteller“ und dem daraus resultierenden Bekanntheitsgrad und eventuell resultierenden Rummel um?
Rudolf Nedzit: Diese Frage stellen Sie mir bitte noch einmal, wenn es soweit sein wird. Momentan hat sich an unserem Leben noch nichts verändert.

 

Marek van der Jagt schreibt: „Meine Entscheidung zu schreiben hat mit meinem Streben nach Macht zu tun.“ Ihr Schriftstellerkollege aus dem historischen Genre Richard Dübell meint: „Ich möchte meine Leser erreichen, Knöpfe drücken und sie zum Weinen, Lachen oder Nachdenken bringen.„ Ihre Landsfrau Barbara Mansion wiederum sagt: „Ich will sie zum Nachdenken bringen!“ Welche Intension verfolgen Sie mit der Schriftstellerei?
Rudolf Nedzit: Keine! Hier muss, hier will ich etwas ausholen. Ich verfolge beim Schreibprozess keine irgendwie geartete Absicht, lege keine Richtschnur fest, schiele nicht auf irgendwelche Belange. Sondern überlasse mich voll und ganz der Kreativität, verliere Zeit und Raum, diene der Literatur als Medium. Das in der Entstehung befindliche Werk will aus mir heraus, frägt nicht danach, ob und wann ich es gebären will. So betrachtet kann also von einer Intension keine Rede sein - aber ich finde das auch so ganz in Ordnung. Was letztendlich zählt ist das literarische Ergebnis, nicht, was man zuvor beabsichtigt haben mag.

 

Oft sind es ganz merkwürdige Zufälle oder einfach Banalitäten, die einen Menschen in eine Richtung lenken. Wie kamen Sie dazu, Bücher schreiben zu wollen?
Rudolf Nedzit: Weil ich es musste, keine Wahl hatte! Nicht aus wirtschaftlichen Gründen, aber mein Schreibzwang war, ist stärker als ich. Von Wollen kann eigentlich keine Rede sein.

 

Sie schreiben unter dem Pseudonym „Rudolf Nedzit“, einer Hommage an Hans Fallada, der mit bürgerlichem Namen Rudolf Ditzen hieß. Was verbindet Sie mit diesem bei den Nationalsozialisten zur „Persona non grata“ erklärten und viel zu früh verstorbenen Schriftsteller, der zu den größten deutschen Literaten überhaupt zählt?
Rudolf Nedzit: Ich werde mich davor hüten, bei diesem Genie und mir von einer Verbindung reden zu wollen. Was dieser Mann zur Literatur beigetragen hat, ist so immens. Ja, auch ich halte ihn für einen der größten deutschen Literaten überhaupt. Nun gut, auch er litt unter Schreibzwang. Gott sei Dank! Und er verstand zu schreiben wie kein Zweiter. Da ich mir erlaubt habe, aus seinem bürgerlichen Namen mein Anagramm zu stricken, bin ich sehr darum bemüht, dass ihm meine Werke nicht zur Schande gereichen. Das ist freilich eine nicht zu unterschätzende Verbindung.

 

Welche Gründe haben Sie dazu bewogen, nicht unter ihrem eigentlichen Namen zu publizieren?
Rudolf Nedzit: Rein künstlerische. Es geht mir ja nur um die Literatur, nicht meine Person. Und die Wahl eines Pseudonyms gibt einem so schöne Möglichkeiten ...

 

Die Handlung und die Thematik von "Wantlek" erscheint eher zeitlos und ortsungebunden. Möchten Sie vermeiden in ein literarisches Korsett gepresst zu werden?
Rudolf Nedzit: Man kann das selber nicht beeinflussen. Das macht mir auch keine Sorgen. Beim Wantlek ergeben sich nun mal Handlung und Thematik aus zu Grunde liegendem Stoff und Werkkonzeption/-komposition. Dass er sich dadurch aus der Literatur der heutigen Zeit so stark heraushebt, hängt eben damit zusammen, nicht etwa mit einer Strategie. Ich muss schreiben, wie ich schreiben muss.

 

Die Personen eines Romans beziehen sich oft auf den/die Schriftsteller/-in oder ihm nahe stehenden Menschen. In welcher Beziehung stehen Sie zu den Protagonisten Ihres Romans bzw. mit welchen Protagonisten können oder müssen Sie sich am ehesten identifizieren?
Rudolf Nedzit: Diese Frage kann ich am besten dadurch beantworten, dass ich sie nicht beantworte! Da wird oft zu viel in diesen Aspekt hinein interpretiert. Lassen wir das Werk für sich sprechen, lassen wir dem Leser genügend Raum für seine eigene Fantasie.

 

Haben Sie literarische Vorbilder und was gefällt Ihnen ganz besonders an diesen?
Rudolf Nedzit: Vorbilder? Nein. Diejenigen, die es sein könnten, sind für mich unerreichbar. Diejenigen, die ich erreichen könnte, wären keine. Da muss der Nedzit schon seinen eigenen Weg finden.

 

Haben Sie Bücher „auf Halde“, die Sie unbedingt lesen möchten?
Rudolf Nedzit: Nicht auf Halde, aber Rilkes Malte, mehr als einmal gelesen, kommt mir immer wieder zwischen die Hände, da kann ich machen, was ich will.

 

Haben Sie ein absolutes Lieblingsbuch und könnten Sie ein bisschen darüber plaudern?
Rudolf Nedzit: Wer ein absolutes Lieblingsbuch hat, versündigt sich eigentlich an allen anderen guten Büchern. Deswegen ziehe ich mich aus der Affäre, indem ich einfach mal Falladas Jeder stirbt für sich allein zur Lektüre empfehle - ohne durch weitere Angaben vielleicht die Vorfreude eines interessierten Lesers zu schmälern. Sage nur: einer der besten Romane, die jemals geschrieben wurden.

 

Sie haben eine sehr interessante, liebevoll aufgebaute Website ins World Wide Web gestellt, wo Sie vielen philosophischen Gedanken eine Plattform geben bzw. einiges über das Schreiben an sich verbreiten; sind Sie ein eher philosophischer Mensch oder doch eher ein hie und da ausbrechender Realist?
Rudolf Nedzit: Aber schließt das eine das andere denn aus? - Je intensiver ich Ihre Frage bedenke, umso mehr tendiere ich zur Antwort: ein philosophischer Realist.

 

Welchen Bezug haben Sie ganz allgemein zu den sogenannten „Neuen Medien“?
Rudolf Nedzit: Wir leben in einer neuen Zeit, da gehören neue Medien dazu. Ich glaube, man kann diese Aussage wertneutral stehen lassen.

 

Ihr erstes Werk ist ja gleich als Trilogie angelegt. Was halten Sie ganz allgemein von Serien bzw. Serienhelden?
Rudolf Nedzit: Nicht viel! Die Wantlek-Trilogie ist etwas ganz Besonderes, sie passt in keine Schablone, verweigert sich gängigen Klischees, ist kein Selbstzweck, wird neue Maßstäbe setzen, was stilistischen Aufbau und Konzeption angeht. Serien und deren Helden neigen dazu, sich in sich selbst zu verlieren. Ich kann damit nichts anfangen.

 

Mit dem Briefroman „Wantlek“ knüpfen Sie an die Tradition eines der größten deutschsprachigen Meisterwerke an, das bereits 1774 zu Papier gebracht wurde: Goethes „Die Leiden des jungen Werthers“, der als der Schlüsselroman des Sturm und Drangs gilt. Was inspirierte Sie dazu, diese Form der Literatur für Ihr Debüt zu wählen?
Rudolf Nedzit: Bei der Lektüre des Werther hatte sich mir ein Universum erschlossen. Für mich hat Literatur in erster Linie mit Sprache zu tun. Sie tritt bei diesem göttlichen Werk mit solcher Urgewalt zutage, dass ich überwältigt war, mir dachte: Ja, so muss es sein, versuch es ...

 

Welches Publikum möchten Sie mit Ihren Veröffentlichungen gezielt ansprechen?
Rudolf Nedzit: Kein gezieltes Publikum! Mir genügt dasjenige, welches den Wantlek entdeckt - oder von diesem gefunden wird!

 

Wenn wir schon beim Thema „Leserschaft“ sind: die Reaktionen der Leserinnen und Leser sind ja wichtig für jede Autorin bzw. jeden Schriftsteller. Suchen Sie gerne den Kontakt zu Ihrer Leserschaft, zum Beispiel bei Dichterlesungen oder sind Sie eher „öffentlichkeitsscheu“?
Rudolf Nedzit: Sage ich mal so: Ich dränge mich nicht auf. Bin aber an jeder Reaktion sehr interessiert und stehe auch gerne für Lesungen/Diskussionen zur Verfügung. Schließlich bin ich nicht weltfremd. Jeder Gedankenaustausch ist sehr befruchtend.

 

Haben Sie schon negative Seiten, privat wie öffentlich, durch Ihre schriftstellerische Tätigkeit kennen gelernt?
Nein.

 

Welche Ziele verfolgt der Schriftsteller „Rudolf Nedzit“ in seinem Schaffen?
Rudolf Nedzit: Was die „Außenwirkung“ angeht: Wir haben bereits über die Intension beim Schreiben gesprochen. Auch bei den Zielen wird nichts Besonderes von mir verfolgt. Was die „Innenwirkung“ angeht: Da lege ich allerdings größten Wert darauf, dass ich meinerseits dafür Sorge trage, dass derjenige, welcher ein Buch in die Hand nimmt, auf dem Nedzit steht, sich sicher sein kann, dass da auch gute Literatur drin ist.

 

Die Schriftstellerei (vor allem, wenn diese nicht hauptberuflich betrieben wird) ist sehr zeitintensiv. Haben Sie überhaupt noch so etwas wie „Zeit“ bzw. „Freizeit“?
O ja, sogar genügend! Denn ich bin jemand, der bei allen, sehr hohen Qualitätsansprüchen, die er an sich stellt, schnell arbeitet. Die Schreiberei fällt mir sehr leicht. Manchmal wundert mich das selbst.

 

Welche Schreibtechnik wenden Sie an? Entsteht ein Rahmen, ein breakdown oder schreiben Sie eher aus dem Bauch heraus?
Rudolf Nedzit: Eher aus dem Bauch heraus. Oder theatralischer ausgedrückt: Nicht ich schreibe das Werk, sondern das Werk mich.

 

Investieren Sie viel Zeit in Recherche, Stoffsammlung, Sichtung, Besichtigungen der Handlungsorte usw.?
Rudolf Nedzit: Das hängt natürlich von dem jeweiligen Stoff ab. Jedem Aspekt kommt die Zeit zu, die er benötigt.

 

Beschreiben Sie bitte Ihre Gefühlswelt als Sie „Wantlek“, Ihr erstes eigenes Buch in Händen hielten bzw. was schießt Ihnen durch den Kopf, wenn Sie das Buch in einer Buchhandlung oder Bibliothek entdecken?
Rudolf Nedzit: Hier bediene ich mich gerne des Verses eines anderen Dichters: „Ich kann es fühlen, doch nicht sagen, wie es heißt!“

 

Autoren/-innen haben es ja bei der Flut von Büchern auf dem deutschen Buchmarkt mittlerweile äußerst schwer gute Verleger zu finden. War es für Sie auch ein Problem?
Rudolf Nedzit: Aber selbstverständlich! Ich will an diese Zeit gar nicht mehr erinnert werden. Doch schließlich habe ich einen guten Verleger gefunden, einen sehr guten. Und das ist nun der eigentliche Glücksfall: dass er sehr gut ist. Viele müssen ja schon froh sein, dass sie überhaupt einen Verleger haben. Es ist wie bei Büchern: auch da gibt es nicht nur gute.

 

Hörbücher sind zur Zeit der Renner auf dem Buchmarkt. Könnten Sie sich vorstellen eines Ihrer Werke (vielleicht die fertige Wantlek-Trilogie) auch als Hör-Medium heraus zu bringen?
Rudolf Nedzit: Die Frage sehe ich als eine rhetorische an!

 

Viele Menschen geben bei Hobbys zumindest an dritter oder vierter Stelle „Lesen“ an! Wie schaut´s da bei Ihnen mit Freizeitbeschäftigungen aus?
Rudolf Nedzit: Die halten sich in Grenzen, denn gerade in meiner Freizeit erlaube ich es mir, ein fauler Mensch zu sein. Freie Zeit heißt dann in erster Linie für mich, nichts tun zu müssen. Wenn ich aber was tun will, hängt es doch oft irgendwie mit meiner Schreiberei zusammen. Dann ist das Hirn dabei, schon wieder irgendwelche Anschläge auf mich zu planen.

 

Was fällt Ihnen spontan zu folgenden Schlagworten ein?
Familie - Lebenssinn
Literatur - Etwas wie Atmen
Politik - Wenns denn sein muss
Krieg - Größte Geißel der Menschheit
Arbeit - Zu oft fremdbestimmt
Heimat - Geborgenheit
Essen - Viel zu oft als selbstverständlich angenommen
Sport - Für den, der will
Natur - Ja, die gibt es noch
Freizeit - Etwas daraus machen
Fernsehen - Hat auch eine „Off-Taste“
Computer - An dem arbeite ich gerade
Europa - Was ist das?

 

Abschließend die unvermeidliche Frage, die Ihre Leserinnen und Leser aber wohl doch am meisten interessieren dürfte: Wann darf sich Ihre Fangemeinde auf den nächsten „Nedzit“ (Band zwei der „Wantlek“-Trilogie) freuen?
Ich werde meinen Verleger fragen!

 

Auf Ihrer Website schreiben Sie, dass es Literatur so lange geben wird, wie es Menschen gibt und dass diese ans Innerste rühren muss! Mit Ihrem Debüt-Roman „Wantlek“ haben Sie es auf unvergleichliche Weise geschafft, unser Innerstes zu erreichen und uns Leserinnen und Leser mit ganz außergewöhnlich schöner und nachhaltiger Literatur zu erfreuen! Herzlichen Dank dafür ...

 

Das Online-Magazin HOW2FIND.DE bedankt sich sehr sehr herzlich bei Rudolf Nedzit für dieses interessante und aufschlussreiche Interview und wünscht weiterhin viel Erfolg!

© 2008 Wolfgang Gonsch, Harald Kloth
Foto mit freundlicher Genehmigung und © Rudolf Nedzit, 2007
Das Interview führte Wolfgang Gonsch im Januar 2008
alle Rechte bei den Autoren